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Viel Zeit bleibt nicht mehr, ein klein wenig aber doch noch. Sowohl Kanzler Faymann als auch Vize Spindelegger haben sich in der Frage eines neuen Lehrerdienstrechts weit aus dem Fenster gelehnt: Beide Parteichefs wollen offensichtlich einen Verhandlungserfolg noch unbedingt vor der finalen Sommerpause. Im Wissen, dass sie es für den anstehenden Wahlkampf gut, sehr gut sogar, gebrauchen können.
Den Worten hat die ÖVP mit ihrem Vorschlag Taten folgen lassen. Dass dabei vom Prinzip eines einheitlichen Dienstrechts für alle Lehrer - eigentlich die Grundidee der ursprünglichen Reform - abgegangen wird? Geschenkt. Dieses Vorhaben ist unter den gegebenen Umständen mit dieser Beamtengewerkschaft nicht umzusetzen, jedenfalls nicht - so die interne Kosten-/Nutzenrechnung der Koalition - zu vertretbaren politischen Kosten.
So funktioniert eben Politik: Wenn der große Wurf realpolitisch nicht möglich ist, muss man sich eben mit kleineren Brötchen zufrieden geben. Die müssen dann nur noch zum Durchbruch hochgeredet werden. Es wäre ja auch nicht das erste Mal, dass man sich einen grauen Spatz zum stolzen Adler schöngeredet hätte, das gehört zum ganz normalen Politikerhandwerk.
Wenn diese Strategie aufgeht - chapeau. Tatsächlich weisen der ausbleibende Aufschrei der SPÖ (etwa über die Desavouierung von Bildungsministerin Claudia Schmied durch den Koalitionspartner) sowie die kaum verhohlene Zufriedenheit der Gewerkschaft darauf hin, dass der ÖVP-Vorschlag durchaus in Abstimmung mit den übrigen Beteiligten erfolgt ist. Am Ende gilt: Erfolg ist Erfolg, auch wenn man die selbst gesteckten Ziele nicht einzulösen vermochte.
Der ÖVP-Obmann muss allerdings jetzt "seinen" Gewerkschaftern einen herzeigbaren Kompromiss abringen. Gelingt das nicht, steht Michael Spindelegger als durchsetzungsschwacher Parteichef ziemlich einsam im Regen. Der Vorstoß würde zum Selbstfaller mutieren.
Werner Faymanns Risiko ist demgegenüber weitaus geringer. Seinen Funktionären müsste er dennoch erklären, warum er der Demontage seiner Ministerin mehr oder weniger tatenlos zugesehen hat, zumal, wenn nicht einmal etwas Vorzeigbares dabei herauskommt. Und schließlich verheißt der Gang der Dinge nichts Gutes für die weitere politische Karriere von Claudia Schmied in einer kommenden Bundesregierung.