Griechenland-Krise überschattet Ministertreffen zu Kapitalregeln.
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Brüssel. Offiziell ist jeder dagegen. Die EU-Kommission, die Finanzminister der Eurozone - sie alle sprechen sich gegen einen Austritt Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum aus. Das betonten die europäischen Politiker einmal mehr, als sie am Montag zu einem Treffen der Eurogruppe zusammenkamen. Doch die Situation sei ernst, und das müsse den Griechen bewusst sein, erklärte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Athen müsse sich an die Reformzusagen und den Sparkurs halten, andernfalls werde es keine Finanzhilfe für das hoch verschuldete Land geben. "Griechenland bekommt von niemandem mehr Geld, wenn es die Auflagen nicht erfüllt - auch von uns nicht", sagte Fekter.
Die Krise in Athen warf ihren Schatten ebenfalls auf ein weiteres Treffen, bei dem eigentlich ein anderes Land im Mittelpunkt des Interesses stehen sollte. Dabei lautete die Frage: Wird Großbritannien doch dem Kompromiss über schärfere Kapitalvorschriften für Banken zustimmen? Über das global als Basel III bekannte Regelwerk, das in europäischem Recht verankert werden soll, beraten die Finanzminister der EU einmal mehr am heutigen Dienstag. Und die Erwartungen stiegen, dass London seine bisherigen Einwände doch aufgeben wird.
Druck auf London wächst
Denn auch der Druck auf Großbritannien war gewachsen. Zwar hat sich an den Vorschlägen, die vor knapp zwei Wochen in einer sechzehnstündigen Sitzung ausverhandelt worden waren, nach Angaben von Diplomaten in der Zwischenzeit nichts geändert. Allerdings sind die anderen Staaten London bereits entgegengekommen. So sieht der Kompromiss größere Möglichkeiten vor, den Banken zusätzliche Kapitalanforderungen zu stellen - über den verpflichtenden Anteil an Eigenmitteln hinaus, die die Banken für den Krisenfall sowieso zurücklegen müssen.
Dieser nationale - systemisch genannte - Kapitalpuffer könnte bis zu fünf Prozent für Risiken aus Inlandsforderungen betragen. Bis zu einer Höhe von drei Prozent kann dieser Polster auch für andere Staaten gelten, doch muss die EU-Kommission über die Maßnahme informiert werden. Falls ein anderes Land mit den Vorgaben nicht einverstanden ist, kann es von der Europäischen Bankenaufsicht ein Vermittlungsverfahren verlangen.
Eine Einbindung der europäischen Institutionen fordert auch das EU-Parlament. Es hat den Mitgliedstaaten jedenfalls bereits signalisiert, dass es nun möglichst schnell Verhandlungen aufnehmen möchte. Der Wirtschaftsausschuss stimmte Montagabend über die Position der Volksvertretung zu den Kapitalvorschriften ab. Und es zeichnete sich schon im Vorfeld ein Allparteien-Kompromiss ab - dem zähe Gespräche und mehr als zweitausend Abänderungsanträge vorangegangen waren.
Das Ringen um die Bankenregeln ist damit aber nicht vorbei. Denn nun müssen die Haltungen von Mitgliedstaaten, Kommission und Parlament angeglichen werden. Immerhin gehe es nicht nur um eine Regulierung für Geldinstitute, erklärt der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, der für die Abgeordneten die Verhandlungen führt. Es handle sich vielmehr um ein Gesetz zur Finanzierung der Realwirtschaft. Die neuen Vorschriften werden nämlich ausschlaggebend dafür sein, zu welchen Konditionen Kredite vergeben werden.
Der Parlamentstext bringt dabei einige Aspekte ins Spiel, die die Finanzminister nicht in diesem Ausmaß vorgesehen haben. So gibt es den Vorschlag, Banker-Boni auf das Doppelte des Grundgehalts zu beschränken. Auch plädieren die Volksvertreter für Erleichterungen bei der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen. Und zusätzliche Kapitalpuffer beschäftigen die Parlamentarier ebenfalls: Bessere finanzielle Ausstattung wird für so genannte systemrelevante Banken gewünscht.
Viel Zeit für eine allgemeine Einigung bleibt dabei nicht. Im Juli soll die Abstimmung im Plenum des Parlaments erfolgen, und bereits Anfang des kommenden Jahres sollen Teile des Gesetzes in Kraft treten.