Der investigative Journalist Fabrice Lhomme setzt mit seinen Artikeln und einem Enthüllungsbuch Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy unter Druck.
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Wenn Präsident Nicolas Sarkozy derzeit auf jemanden wütend ist, so ist das wahrscheinlich Fabrice Lhomme. Seit Monaten grassieren in Frankreich Korruptions- und Missbrauchsaffären auf Regierungsebene. Fabrice Lhomme ist jener Journalist, der die Skandalserie bis in den Elysée-Palast getragen hat.
Besonderes Aufsehen erregte Lhomme vor wenigen Tagen nach der Veröffentlichung eines Interviews mit Claire Thibout, einer ehemaligen Buchhalterin der LOréal-Erbin Liliane Bettencourt. Sie berichtete von Politiker-Bestechung, illegaler Parteifinanzierung und davon, dass Sarkozy regelmäßig in obskure Machenschaften der Bettencourts verwickelt gewesen sei. Seinem jungen Online-Magazin "Mediapart" bescherte Lhomme damit eine noch nie da gewesene Anzahl an Zugriffen.
Doch dies war nur der letzte Coup des 42-Jährigen gegen Sarkozy. Gemeinsam mit einem Kollegen bei "Mediapart" veröffentlichte er im Mai ein Buch, in dem er schreibt, der französische Präsident sei vor 15 Jahren als Haushaltsminister in eine finstere Affäre rund um Waffengeschäfte, illegale Parteifinanzierung und Schmiergelder in Millionenhöhe verwickelt gewesen. "Der Karatschi-Vertrag, die Affäre, die Sarkozy vergessen möchte" - so der Titel des Buchs - erschien zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für Sarkozy, der wohl 2012 erneut für das Präsidentenamt kandidieren will.
Der investigative Journalismus liegt Lhomme im Blut. "Wenn man seinen Beruf gut macht, dann denkt man daran, wenn man aufwacht und wenn man schlafen geht. Man ist davon besessen", erzählte er der Internetzeitung "Bakchich". "Was mich als Journalisten interessiert, ist, dorthin zu gehen, wo man nicht will, dass ich hingehe." Diese Einstellung hat ihn zum begehrten Mann in den größten Redaktionen Frankreichs gemacht. Nach ersten Erfahrungen bei Fernsehen und Radio landete er mit 20 als Reporter bei "Le Parisien", wo er für Kriminalfälle und Politik zuständig war. Von dort wechselte er zehn Jahre später zur renommierten "Le Monde".
Später landete er beim auflagenstärksten Blatt des Landes, der Sportzeitung "LEquipe". Als stellvertretender Chefredakteur des Magazinteils zuständig für Recherchen angestellt, vermisste er schon bald das Leben auf der Straße und das Adrenalin. Sein Weg führte ihn schließlich zu "Mediapart", einem Pionier unter den Online-Zeitungen, der sich nicht mit Werbung, sondern durch Abonnements finanziert.
Hat sich Lhomme einmal in eine Geschichte verbissen, lässt er sich davon nicht mehr abbringen, auch nicht - wie bereits geschehen - durch Schläge. Und wenn ihm an einem Sonntagabend ein Informant mit einem Scoop winkt, lässt der Vater einer Tochter alles liegen und stehen und stürzt sich kopfüber in eine neue Geschichte.