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Li Zhuang, ein chinesischer Anwalt kämpft um Rehabilitierung

Von Alexander U. Mathé

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Alexander U. Mathé

Unter dem ehemaligen Politstar Bo Xilai wurde er wegen Nötigung zur Falschaussage verurteilt. Nun kommen Zweifel an seiner Schuld auf.


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Bo Xilai hat es in China zu trauriger Berühmtheit gebracht. Nachdem die Frau des ehemaligen Spitzenpolitikers wegen Mordes verurteilt wurde, ist letzte Woche gegen ihn offiziell Anklage wegen Korruption und Machtmissbrauchs erhoben worden. Einer, dem dies eine gewisse Befriedigung sein wird, ist ein Mann namens Li Zhuang.

Die Geschichte beginnt damit, dass der aufstrebende Bo im Jahr 2007 zum Parteichef der Metropole Chongqing wurde. Als solcher begann er die Kampagne "Kampf gegen die Mafia". Mit der Säuberung der Stadt von kriminellen Elementen empfahl er sich schon bald für höhere Aufgaben und wurde sogar als Kandidat für die Führung von Chinas KP gehandelt. Bo hatte eine Namenliste mit den 34 wichtigsten Mafiosi, denen er den Garaus machen wollte. Ganz oben auf der Liste stand der Name Gong Gangmo.

Der Geschäftsmann wurde alsbald von der Polizei verhaftet. Ihm wurden Mord, Drogenhandel, illegaler Waffenbesitz und die Führung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Vorwürfe, die er allesamt gestand. Dann traf ihn sein Anwalt, Li Zhuang. Unter Tränen habe ihm Gong berichtet, dass er nach Monaten der Folter lediglich ein vorgefertigtes Papier unterschrieben habe. Er sei geschlagen und so an Handschellen aufgehängt worden, dass er sich lediglich mit den Zehen abstützen konnte. Auf die Toilette haben ihn die Wärter nicht gehen lassen, jedoch habe er seine Notdurft später mit bloßen Händen entsorgen müssen. Li brachte die Folterung Gongs bei Gericht ein. Doch dann erfuhr der Fall eine unerwartete Wendung. Gong erklärte, Li habe ihn zu einer Falschaussage genötigt. Der Anwalt wurde daraufhin selbst verhaftet und zu einer 30-monatigen Haftstrafe verurteilt. Er berief, gestand dann jedoch in zweiter Instanz die Tat. Bald darauf machten Berichte im Internet die Runde, dass ein versteckter Code in diesem Geständnis zu finden sei. Wenn das erste Wort jedes Absatzes zusammengezogen wurde, dann konnte man lesen: "wurde für eine Bewährung zum Geständnis gezwungen". Als seine Strafe auf 18 Monate reduziert wurde, empörte er sich lauthals, weil ihm im Falle eines Geständnisses Straffreiheit zugesichert worden sei. Die Strafe hat Li inzwischen abgesessen, doch mit Bos Niedergang hat sich auch das öffentliche Bild von dessen "Kampf gegen die Mafia" verändert. Es habe sich um einen von Folter und Erpressung geprägten Sicherheitsapparat gehandelt, der außer Kontrolle gewesen sei, glauben viele. In diesem Licht besehen gewinnt Li an Glaubwürdigkeit. Auch wenn er sich um nachträgliche Rehabilitierung bemüht, so glaubt Li doch nicht, dass er damit jemals Erfolg haben wird. Denn das würde bedeuten, dass den Verurteilten erneut der Prozess gemacht werden müsste, was sich zumindest bei denen als schwierig erweisen dürfte, die bereits hingerichtet wurden. Und sollte sich im Nachhinein die Unschuld erweisen, müssten Enteignungen in zig Milliarden Euro Höhe rückgängig gemacht werden. So ist das einzige, was Li bleiben dürfte, die Befriedigung, sollte Bo wegen dem verurteilt werden, was Li schon vor Jahren angeprangert hat.