Banken und Fintechs gehen immer öfter Allianzen ein. Das soll beider Überleben am Markt sichern.
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Wien. Es ist wie eine arrangierte Ehe, die Liaisons, die Großbanken derzeit mit sogenannten Fintechs, also Online-Finanzdienstleistern, eingehen. Die große Liebe ist es nicht unbedingt. Man ist auch skeptisch, weil man ja eigentlich miteinander konkurriert. Aber für die Beteiligten ist es oft besser, mit- statt gegeneinander zu spielen. Die Großbanken bringen eine solide Infrastruktur und vor allem einen großen Kundenstock mit; Fintechs die nötige Innovationskraft, die den traditionellen Geldinstituten oft fehlt.
"Banking is necessary, banks are not", soll Bill Gates schon vor 20 Jahren gesagt haben. Fintechs sind üblicherweise digitale Start-ups, die sich auf bestimmte Dienste oder Finanzbereiche spezialisiert haben. Die bekannteste Finanztechnologie ist das mobile Bezahlen, also Mobile Banking, Paypal oder Bitcoin. Sie stehen damit in Konkurrenz zu den traditionellen Banken. Laut dem Global Fintech Report des Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers (PwC) sehen 89 Prozent der europäischen Finanzinstitute Fintechs als Konkurrenz und fürchten, dass diese eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell darstellen. Gleichzeitig planen 82 Prozent Kooperationen in diesem Bereich.
Kooperation statt Kampf
Fintechs haben einen entscheidenden Nachteil gegenüber den Großbanken: Es ist für sie oft schwierig, die notwendige Bankkonzession zu bekommen, weil ihnen schlicht das nötige Kapital dafür fehlt. Laut Finanzmarktaufsicht (FMA) sind derzeit lediglich sieben Fintechs in Österreich konzessioniert beziehungsweise registriert - vier davon sind im Payment-Bereich, ein Krypto-Fintech und zwei Digital Asset Manager. Das erste von ihnen war der Vermögensverwalter Finabro, mit dem mittlerweile auch drei große Versicherer kooperieren. Darüber hinaus gibt es aber eine Vielzahl nicht lizenzpflichtiger Fintechs, die sich immer wieder neu gründen, fusionieren oder spalten.
Aber zurück zu den Banken: "Wir sehen heute einen Trend zu weniger Konkurrenz und mehr Kooperation", sagt Georg Ogrinz von PWC. "Auch die Fintechs haben erkannt, dass sie nicht ganz alleine die Welt erobern können." Eine PwC-Umfrage unter deutschen und österreichischen Geldhäusern zeigt, dass 88 Prozent der Institute auf Kooperationen mit Fintechs setzen, 60 Prozent entwickeln eigene Produkte. So etwa die heimische Erste Group mit ihrem Online-Banking-Tool George. Mit diesem sind nun Expansionen in Richtung der Nachbarländer geplant.
Rund die Hälfte der Banken setzt auf Förderprogramme. Das macht zum Beispiel die Raiffeisen International mit ihrem Elevator Lab. Deren Ziel ist es, die Entwicklung von Start-ups aus ganz Europa zu fördern. Und auch die Unicredit-Tochter Bank Austria hat mit der Österreich-Tochter eines deutschen Software-Entwicklers eine App für die Hypothekenkredit-Vergabe auf den Markt gebracht. Jedenfalls sei in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme der Investitionen in diesem Bereich zu beobachten, sagt Ogrinz.
Und manchmal gehen die Investitionen den umgekehrten Weg. Das Berliner Open Banking Fintech "Raisin", das schon 165.000 Kunden hat, hat Anteile an der Frankfurter MhB-Bank erworben. Der Vorteil für das Fintech: eine Vollbanklizenz.
Online-Riesen holen auf
Ogrinz warnt davor, den Begriff Fintech nur auf kleine Start-ups zu reduzieren. Online- und Digital-Riesen wie Amazon, Google und Apple machen den herkömmlichen Geldhäusern schon längst Konkurrenz, etwa mit eigenen Bezahlsystemen.
China spielt hier die Hauptrolle, erklärt Susanne Steidl vom deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard. Der Online-Versandhändler Alibaba hat 2004 mit Alipay eine eigene Plattform für bargeldloses Zahlen sowohl im Internet, als auch für mobile Zahlung oder Zahlung mit Bankomatkarte entwickelt. Der Dienst hat mittlerweile Paypal als weltweit größte Onlinebezahlplattform abgelöst.
Amazon entwickelt in den USA eigene Geschäftslokale. Mit der Amazon-Fresh-App könne man die jeweiligen Shops betreten, die mit zahlreichen Kameras ausgestattet sind. In dem Moment, in dem man ein Produkt aus dem Regal nehme, werde es auch zum virtuellen Warenkorb hinzugefügt, erklärte Steidl von Wirecard gegenüber der Austria Presse Agentur. Der nicht unumstrittene Benefit bei all dem für die Händler: Sie können eine Unmenge an Daten über das Kaufverhalten und die Vorlieben ihrer Kunden generieren und diese wieder kommerziell nutzen.