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Libanon: Anschlag auf Terrorfahnder

Von WZ-Korrespondent Markus Bickel

Politik

Höhepunkt in Mordserie seit Jänner. | Untersuchte Eid Bluttat an Ex-Premier? | Beirut. Bei einem Autobombenanschlag in der libanesischen Hauptstadt sind am Freitagvormittag mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Das Attentat richtete sich offenbar gegen den getöteten Wissam Eid, ein Mitglied des Nachrichtendienstes der Internen Sicherheitskräfte (ISF). ISF-Generaldirektor Ashrat Rifi sagte an der Anschlagstelle, Eid sei maßgeblich an der Aufklärung einer Serie politischer Morde im Libanon beteiligt gewesen. Eid soll kurz zuvor an einem Treffen mit Mitgliedern des internationalen Ermittlerteams für die Aufklärung des Mordes an Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri vom Februar 2005 teilgenommen haben, der syrischen Geheimdiensten zugeschrieben wird.


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Der Anschlag an einem dicht befahrenen Verkehrsknotenpunkt im christlich dominierten Osten Beiruts ist bereits der dritte in diesem Jahr. Am 7. Jänner überlebten zwei irische Mitarbeiter der Libanon-Schutztruppe der Vereinten Nationen eine Sprengstoffexplosion südlich von Beirut. Am 15. Jänner kamen drei Menschen im Norden Beiruts ums Leben, nachdem eine Bombe neben einem vorbeifahrenden Wagen an der US-amerikanischen Botschaft explodierte.

Innenminister Hassan Sabaa bezeichnete den Anschlag auf Eid als Angriff auf "das zentrale Nervensystem des libanesischen Sicherheitsapparats". Bereits im Dezember war der Operationschef der libanesischen Armee, François Hajj, bei einem Autobombenattentat ums Leben gekommen. Hajj war maßgeblich an der Niederschlagung des Aufstands der Islamistenmiliz Fatah al Islam im nordlibanesischen Palästinenserlager Nahr al Bared zwischen Juni und September 2007 beteiligt.

Auch wenn der Anschlag auf den General - so wie mehr als zwanzig weitere in den vergangenen drei Jahren - nicht aufgeklärt ist, halten politische Beobachter eine Tatbeteiligung der dem Terrornetz Al-Kaida ideologisch wie operativ nahe stehenden Fatah al Islam für möglich.

Dem Land droht Zerfall

Der erste Anschlag in einer Serie von Attentaten, die seit 2005 von einer Ermittlungskommission der Vereinten Nationen untersucht werden, galt im Oktober 2004 Telekommunikationsminister Marwan Hamadeh. Richteten sie sich in der Folge gegen antisyrische Publizisten und Politiker wie den langjährigen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri, so geraten nun offenbar verstärkt Angehörige der Sicherheitskräfte ins Visier.

Da der Libanon bereits seit November vergangenen Jahres ohne Präsidenten ist und das Parlament seit über einem Jahr nicht mehr getagt hat, droht die Gefahr eines weiteren Zerfalls des Staates.

Hinzu kommt, dass die Opposition um den Generalsekretär der schiitischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, und den Vorsitzenden der Freien Patriotischen Bewegung, Michel Aoun, die Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora seit dem Rücktritt vier schiitischer Minister im November 2006 nicht mehr anerkennt. Oppositionsmitglieder haben Siniora und dem Mehrheitsführer im Parlament, Saad Hariri, wiederholt vorgeworfen, die ISF zu einer sunnitisch dominierten Miliz auszubauen.

Schon im September 2006, unmittelbar nach Ende des Krieges zwischen Hisbollah und Israel, richtete sich ein Anschlag gegen ein Mitglied des Nachrichtendienstes, Samir Schehade, der an der versuchten Aufklärung des Mordes an Hariri beteiligt war. Der am Freitag getötete Eid war offenbar bereits zweimal Ziel von Anschlägen und Granatattacken. Auch bei den Ermittlungen gegen Fatah-al-Islam-Mitglieder soll er eine tragende Rolle gespielt haben. Fatah-al-Islam-Führer Shaker al Absi hatte mit Vergeltung für den Krieg gedroht.