Die FDP sieht eine Regierungsbeteiligung wieder einmal in greifbarer Nähe – und macht bereits den Grünen Avancen.
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Für die FDP ist der Moment eingetreten, auf den sie gehofft hat: Mit knapp zwölf Prozent der Wählerstimmen hat sich die Partei als möglicher Koalitionspartner ins Rennen gebracht. Wieder einmal haben die Liberalen ein zweistelliges Wahlergebnis eingefahren. Anders als bei der Bundestagswahl vor vier Jahren, als FDP-Vorsitzender Christian Lindner die Jamaika-Koalition platzen ließ, will er die Politik nun aktiv mitgestalten.
Jamaika oder Ampel
Seine Gruppierung hatte von der Corona-Pandemie profitiert; die Krise rückte FDP-Themen wie Bildung, Digitalisierung und Freiheitsrechte in den Vordergrund – und die Partei gleich mit. Als sich in den Umfragen abzeichnete, dass eine neue Regierungskoalition ohne die FDP kaum möglich ist, fühlte sich Lindner durchaus wohl in seiner Rolle als "Königsmacher". Nun muss er diese Rolle auch erfüllen. Eine Jamaika- oder Ampel-Koalition, bei der die FDP die dritte Partei im Bunde ist, gilt als wahrscheinliche Option. Linder frohlockte denn auch am Wahlabend: Die Menschen wollten "eine Regierungsbildung aus der Mitte heraus".
Er gab sich auch selbstbewusst: "Unsere Eigenständigkeit aus dem Wahlkampf werden wir uns auch in der Zeit nach der Wahl bewahren." Er machte den Grünen ein Gesprächsangebot – und deutete damit an, schon vor möglichen Verhandlungen mit CDU oder SPD gemeinsame Schnittpunkte finden zu wollen.
Keine Chance auf Sondierungsgespräche hat hingegen die AfD. Die Rechtspopulisten um Spitzenkandidatin Alice Weidel konnten zwar knapp elf Prozent der Wähler für sich gewinnen, doch bleiben die eingefahrenen Ergebnisse zu niedrig, um den eigenen Anspruch als "Volkspartei" zu erfüllen. Gegenüber 2017, als die AfD vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise massiv an Wählern gewann und mit fast 13 Prozent in den Bundestag einzog, tat sich die Partei in der Corona-Pandemie schwer, sich zu positionieren.
Indem sie den deutschen Austritt aus der EU und das Ende der Maßnahmen gegen das Coronavirus forderte, stellte sie sich gegen die breite Mehrheit der Bevölkerung. Im Wahlkampf blieb die AfD, die für Provokation und Empörung bekannt ist, größtenteils unauffällig. Gerade das Thema Asylpolitik, bei dem sie einen harten Kurs fährt, nahm im Wahlkampf eine zu kleine Rolle ein, als dass sich die Partei hätte stark genug positionieren können.
Hinzu kommen interne Streitigkeiten und Machtfragen, der parteiinterne Widerstand gegen AfD-Chefin Weidel regt sich seit langem. Die Gruppierung ist gezwungen, sich auch künftig mit sich selbst zu beschäftigen: Keine Partei möchte ein Bündnis mit der AfD eingehen und umgekehrt. In Koalitionsgedankenspielen bleibt die AfD daher unberücksichtigt.
Zitterpartie für Linke
Enttäuschend wurde der Sonntag für Die Linke. Bis zum späten Abend musste die Partei zittern, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde schafft und damit wieder in den Bundestag einziehen würde.
Hinter der Gruppierung liegt ein Auf und Ab im Wahlkampf. Erst die Debatte um ein mögliches Regierungsbündnis mit SPD und Grünen hatte die Linken, trotz Warnungen der Konservativen und Liberalen vor einem "Linksrutsch", wieder ins Gespräch gebracht. Dennoch konnte Spitzenkandidatin Janine Wissler nicht genug Stimmen einsammeln.
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