Jahres- und Gedenktage sind schwer in Mode. Allerdings auch oft so unbekannt, dass die meisten ganz darauf vergessen, sie zu feiern. Wer geht hierzulande schon am Unesco-Tag der Feuchtgebiete (2. Februar) in die Au oder lobpreist den Welttag des geistigen Eigentums (26. April)? Und hätte der Nationalrat nicht in einer Marathonsitzung kurz vor Weihnachten die höchst umstrittene Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz durchgepeitscht, so wäre wohl auch der Europäische Datenschutztag am Montag unbemerkt an uns vorbeigezogen.
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Grund zum Feiern sahen die Datenschützer freilich nicht: Der Datenschutz würde "seit Jahren systematisch demontiert", hieß es etwa seitens der Arge Daten. Der Chef des Liberalen Forums, Alexander Zach, kündigte eine Sammelklage im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung an. Und Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz, der zuletzt mit einer Sammelklage vor dem Verfassungsgerichtshof gedroht hatte, ging am Montag noch einen Schritt weiter und forderte gar die Abschaffung des Datenschutzrates. Dieser fungiere als "Regierungsgremium zur Verhinderung des Datenschutzes", statt seiner ureigenen Aufgabe nachzukommen.
Tatsächlich ist die Optik windschief: Mit einem Abänderungsantrag von SPÖ und ÖVP wurde die Novelle in letzter Minute abgesegnet. Ohne vorangegangene richterliche Genehmigung können Mobiltelefone aufgespürt werden, bei der Internet-Überwachung ist seit 1. Jänner kein Richter-Beschluss mehr nötig. Somit hatten auch die Richter Grund zur Kritik. Neben einer Aushöhlung ihrer Kompetenzen befürchten sie eine Entwicklung hin zum Überwachungsstaat.
Zwar mag Österreich noch meilenweit entfernt sein von den von Pilz beschworenen DDR-Zuständen, auch kollektive Paranoia à la George Orwell ist nicht angesagt. Allerdings drängt sich die Frage auf, ob hier nicht die Sicherheit Vorrang vor der Freiheit des Einzelnen erhält. Terrorismusabwehr und Schutz vor Hooligans etwa bei der Euro 2008 in allen Ehren - aber rechtfertigt dies die Einschränkung grundlegender Rechte - etwa des Kommunikationsgeheimnisses - wie Datenschützer befürchten? Diese Fragen sind nicht einfach zu klären, eine Behandlung im Innenausschuss hätte mit Sicherheit nicht geschadet.
So kam denn der Datenschutztag wenigstens der Regierung sehr gelegen: Bei einer Debatte zum Thema holte man die Versäumnisse des Parlaments im Bundeskanzleramt nach - und kam zu dem Schluss, dass "die Diskussionen sicher weitergeführt" werden.