Zum Hauptinhalt springen

Licht ins Dunkel der BVT-Affäre

Von Werner Reisinger

Politik

Was brachte der BVT-Untersuchungsausschuss bisher ans Licht? Ein Überblick.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Halbzeit im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Bisher 18 Auskunftspersonen mussten den Parlamentariern Rede und Antwort stehen, darunter von den Hausdurchsuchungen am 28. Februar betroffene und auch beschuldigte BVT-Mitarbeiter, Polizisten der Einsatzgruppe EGS sowie Vertreter der Korruptionsbekämpfungsbehörde BAK und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Zuletzt sagten die fallführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, die WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda und Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, aus.

Für Ursula Schmudermayer bleibt es nicht bei nur einer Aussage. Sie wurde für Donnerstag erneut geladen. Mit Spannung erwartet wird zudem die Aussage von Frau Sybille G., Leiterin des Extremismus-Referats im BVT. Ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit, was der Ausschuss bisher aufklären konnte -und wo es Widersprüche gibt.

Kapitel 1: Die Betroffenen im BVT

An den ersten Befragungstagen berichteten vor allem BVT-Mitarbeiter - vor allem IT-Verantwortliche - über den Ablauf der Razzia. Sie stellen das Vorgehen der Polizeitruppe EGS und ihres Chefs Wolfgang Preiszler - nebenbei FPÖ-Gemeindepolitiker in Guntramsdorf - größtenteils als unvorbereitet und teilweise auch als aggressiv dar. Besonders die BVT-Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale des BVT am Wiener Rennweg sprachen von einem äußerst rüden Vorgehen von Preiszler zu Beginn der Razzia. Er habe mit Gewalt gedroht, sollten sie sich seinen Anweisungen widersetzen.

Die wohl wichtigsten Aussagen der BVT-IT-Mitarbeiter aber beziehen sich auf die Frage einer möglichen "Fernlöschung" von Daten auf den BVT-Servern - der wichtigste Grund für die von Staatsanwältin Schmudermayer angeführten Journaldringlichkeit bei der telefonischen Anordnung der Razzia am Vorabend des 28. Februar. Zwar hat ein kleiner Kreis von IT-Mitarbeitern und Systemadministratoren sehr wohl umfassende Zugriffs- und Löschbefugnisse, dass Daten auf Knopfdruck von außerhalb gelöscht werden können, bezeichnete einer der BVT-Administratoren aber als "Schwachsinn". Zudem würde jeder Zugriff auf die Datenlaufwerke genauestens protokolliert. Zudem bestätigte der Befragte, dass das BVT seit der Razzia vom Informationsfluss aus befreundeten Nachrichtendiensten abgeschnitten sei: "Wir bekommen schon noch Infos, aber das ist etwa so wie: ‚Heute haben wir schönes Wetter‘." Ins Spiel gebracht hat die möglichen "Fernlöschungen" ein zentraler Belastungszeuge: Herr H. war kurzzeitig BVT-Mitarbeiter und dort fast ausschließlich für Handyforensik zuständig. H.s Kenntnisse über Netzwerktechnik und IT allgemein bezeichnen seine ehemaligen Kollegen als "rudimentär". Gegenüber der WKStA hat H. unter anderem ausgesagt, das BVT lagere seine Daten auch in externen Clouds, was Fernlöschungen ermögliche. H. habe einen "persönlichen Neid" gehabt, weil er im BVT nicht den Posten bekommen habe, den er sich gewünscht hatte, so die BVT-Befragten. H. muss am 17. Oktober vor den Ausschuss treten.

Schlecht kommen in den Aussagen der BVT-Mitarbeiter auch die IT-Experten der WKStA weg. Demnach sollen diese ursprünglich geplant haben, die gesamte Serverlandschaft des BVT abzubauen - ohne Spezialausrüstung ein Ding der Unmöglichkeit. Dem widersprachen die WKStA-Vertreter in ihren Aussagen.

Kapitel 2: Der Einsatz der Polizeitruppe EGS

Die beiden EGS-Polizisten und ihr Chef Preiszler geben vor dem Ausschuss offen zu, sich vorab besprochen zu haben, um die Inhalte ihrer Aussagen soll es dabei aber nicht gegangen sein. Zudem haben sie eine Schulung über "Verhalten vor Gericht" besucht, eigens im Vorfeld ihrer U-Ausschuss-Einvernahmen. Die Vorbereitung der Hausdurchsuchung schildern sie knapp und einheitlich und verteidigen ihren Chef, der dabei keine Kenntnis der Lokalität gehabt habe. Man habe sich mit Google Maps beholfen.

Preiszler streitet in seiner Aussage vehement ab, Dateien des Extremismus-Referats an sich genommen zu haben. Dafür aber belastet er den Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber. Dieser habe ihm mündlich die Order gegeben, nach der Razzia alle schriftlichen Unterlagen zu vernichten. Gegen Preiszler ist wegen seinem Auftreten während der Razzia bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg ein Verfahren wegen Nötigung anhängig. Ein Ermittlungsverfahren gegen Preiszler wegen dessen rassistischen Postings auf Facebook wurde wegen Verjährung eingestellt.

Kapitel 3: Die WKStA und die Justiz

Staatsanwältin Schmudermayer ist in ihrer ersten Aussage bemüht, den Ruf der WKStA als hervorragende Ermittlungsbehörde zu schützen. Sie verteidigt ihre Entscheidungen im Ermittlungsverfahren, vor allem aber die Hausdurchsuchung selbst. Sie habe sich auf die Zeugenaussagen - Stichwort "Fernlöschungen" - verlassen, es sei Gefahr in Verzug gewesen. Schmudermayer muss sich vor allem den Vorwurf gefallen lassen, die Zeugen, vor allem deren Absprachen im Innenministerium bei Herbert Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett, nicht untersucht zu haben. Auch bleibt rätselhaft, wieso Schmudermayer es gestattete, dass Udo Lett bei einigen Zeugenvernehmungen persönlich als Vertrauensperson anwesend war, genau das aber bei anderen Vertrauenspersonen aufgrund der strengen Geheimhaltung verbot.

Der strengen Geheimhaltung sei es auch geschuldet gewesen, dass medial der Eindruck entstanden sei, die WKStA habe zu dem bereits seit Frühjahr 2017 bekannten "Konvoluts" aus anonymen Anschuldigungen nicht wirklich ermittelt. Fakt ist jedoch: Im staatsanwaltlichen Tagebuch finden sich bis zum 20. Februar 2018, eine Woche vor der Razzia, kaum Eintragungen, danach dafür umso mehr. Auch soll sie einen beachtlichen Zeitraum erst im Nachhinein im Tagebuch dokumentiert haben.

Aus welcher Motivation auch immer: Schmudermayer nimmt auch das Innenministerium in Schutz. Aus dem von Goldgruber nochmals übergebenen "Konvoluts" habe sie "nichts erfahren, was nicht ohnehin bekannt war". Auch habe sie keinen "Ermittlungsdruck" seitens Goldgruber oder Lett verspürt, sagte sie bei ihrer ersten Einvernahme. Doch an dieser Darstellung hegen die Oppositionsparteien massive Zweifel.