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Lichtquell Koffein

Von Alexandra Grass

Wissen
Von der Bohne in die Schale - weltweit werden täglich 2,25 Milliarden Tassen konsumiert.
© Moritz Ziegler

Internationale Wissenschafter entschlüsselten das Genom des Kaffees.


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Buffalo/Wien. Er weckt uns am Morgen und begleitet die Menschheit weltweit über den Tag hinweg. 2,25 Milliarden Tassen werden täglich davon konsumiert. Jeder Österreicher trinkt im Durchschnitt pro Jahr rund 110 Liter des schwarzen Goldes. Jetzt haben Wissenschafter den besten chemischen Freund des Menschen, den Kaffee, genauer unter die Lupe genommen und sein Genom entschlüsselt. Dies öffnet das Tor für neue Züchtungen - vor allem widerstandsfähigere, wie sie im Fachblatt "Science" berichten.

Obwohl auch Tee und in geringen Mengen Schokolade in der Lage sind, Koffein zu entwickeln, verhalten sich die Gene im Kaffee völlig anders. Die Kaffeebohne stammt also nicht aus einer gemeinsamen Ahnenreihe, sondern entwickelt die Gene für sich alleine, so die Studienautoren Philippe Lashermes vom Institut für Entwicklungsforschung im französischen Montpellier, Patrick Wincker vom Nationalen Französischen Sequencing Center, sowie Victor Albert von der University of Buffalo im US-Bundesstaat New York.

Coffea canephora

Das Team erstellte einen Entwurf des Genoms der Kaffeesorte Coffea canephora, dem Robusta- oder Tieflandkaffee. Diese Sorte macht etwa 30 Prozent der Weltkaffeeproduktion aus. Sie wird vorwiegend im Flachland Westafrikas und Südostasiens angebaut und ist im Vergleich zur Arabica-Bohne (Coffea arabica) weniger empfindlich gegenüber Krankheiten, Hitze und hoher Feuchtigkeit.

Es sind die im Kaffee enthaltenen Alkaloide und Flavonoide, die das Aroma und die Bitterkeit der Bohne beeinflussen. Doch im Vergleich zu anderen Pflanzenarten wie Trauben oder Tomaten, die ebenfalls diese sekundären Pflanzenstoffe produzieren, birgt der Kaffee größere Familien von Genen. Die Pflanze besitzt auch eine erweiterte Sammlung von N-Methyltransferasen - Enzymen, die bei der Herstellung von Koffein beteiligt sind.

In der Natur kommt dem Koffein offenbar eine ganz spezielle Aufgabe zu. Die Forscher vermuten, dass die Pflanze damit Insekten abstößt oder benachbarte Pflanzen im Wachstum hemmt.

"Kaffee ist für den täglichen Frühaufsteher ebenso wichtig wie für die Weltwirtschaft", erklärt Lashermes. Er ist das wichtigste landwirtschaftliche Produkt vieler tropischer Länder. Nach Schätzungen der International Coffee Organization wurden im Jahr 2013 mehr als 8,7 Millionen Tonnen produziert. Kaffee bescherte von 2009 bis 2010 Exporteinnahmen in Höhe von 15,4 Milliarden US-Dollar und beschäftigte im Jahr 2010 fast 26 Millionen Menschen in 52 Ländern.

Die Sequenzierung des Genoms könnte ein bedeutender Schritt in Richtung Verbesserung des Kaffees sein", erklärt Lashermes. Vor allem die Widerstandskraft gegenüber Pflanzenschädlingen und Umweltbelastungen steht hier im Mittelpunkt. In "Science" hoffen die Forscher, dass solche neuen Arten künftig schneller entwickelt werden können.

Während der Bauplan der Pflanze von den Wissenschaftern veröffentlicht wird, vermisst Dani Zamir von der Hebräischen Universität in Jerusalem in einem Kommentar in "Science" allerdings genaue Daten zu den Eigenschaften der unterschiedlichen Kaffeearten. Diese sind zumeist Privateigentum der einzelnen Züchter, um sich vor Konkurrenz zu schützen. Zamir fordert hingegen die Veröffentlichung sämtlicher Daten über Pflanzeneigenschaften und Erbgut, um einen Fortschritt ermöglichen zu können. Der Endverbraucher kann davon wohl nur profitieren.