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Liebe Grüße an Michelle!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die entspannteren Internet-Benutzer schrieben E-Mails an den US-Geheimdienst NSA, er möge ihnen doch die leider vergessenen Bankomat-Passwörter übermitteln. Dem großen Rest der Menschheit bleibt das große Staunen. Die "Nationale Sicherheitsagentur" der USA, die direkt dem Sicherheitsberater des Präsidenten untersteht, hat Zugang zum gesamten Datenverkehr dieser Welt. Die US-Konzerne Microsoft, Yahoo, Apple, Facebook und ein paar kleinere Anbieter spielen dabei mit, die US-Telekomkonzerne ebenso.

"Prism" nennt sich das Monsterprogramm, und in Utah entsteht dafür gerade ein riesiges Rechenzentrum - Kostenpunkt wenigstens zwei Milliarden Dollar. Es ist offiziell für das Ausspionieren von Nicht-US-Bürgern gedacht, nimmt das aber offenkundig nicht so genau.

Die Frage, die sich nun stellt, ist: Welchen Sinn haben Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA, wenn die USA ohnehin schon alle Informationen besitzen und wissen. Es geht ja dabei offenbar nur um eine Legitimierung über die amerikanische Jurisdiktion hinaus.

Das Faktum, dass Europa und der Rest der Welt gnadenlos übers Internet ausspioniert werden, darf nicht verwundern, die Dimension dieser Datensammlung allerdings schon.

Die Europäer dürfen sich dabei selbst an der Nase nehmen. Zwar werden auch hier so manche Nachrichtendienste von der US-Sammelwut profitieren, aber es zeigt auch die ungeheure Abhängigkeit Europas von den USA.

Die EU schaffte es nicht, Internetanbieter von globaler Bedeutung zu entwickeln, wir arbeiten im Netz mit amerikanischen Systemen. Und deren Konzerne leben davon großartig, denn sie stehen ja - wie nun publik geworden ist - unter besonderem Schutz der US-Administration, der weit über deren zivile Markt-Aktivitäten hinausgeht. Vermutlich "helfen" die Spezialisten der NSA auch in der Produktentwicklung.

Übrig bleibt vom Daten-Skandal, dass eigentlich das transatlantische Vertrauen Richtung null tendieren müsste. Zu vermuten ist allerdings, dass die befreundeten EU-Staaten kein großes Aufsehen daraus machen werden, sie werden an den Daten selbst interessiert sein.

Die NSA kann ja sogar zuschauen, wie Texte in Computer getippt werden. An dieser Stelle also eine (doch leicht resignative) Bitte an den Chef der NSA, Keith Alexander: Schöne Grüße ins Weiße Haus, vor allem an die "Gnä‘ Frau"...