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Natürlich ist nicht alles schlecht, was sich ändert. Das gilt auch das Ö1-Programmschema ab 1. Jänner 2003. Und auf einige Neuerungen freue ich mich schon jetzt. Etwa auf das als "tagesaktuelle Musiksendung auf Klassik-Ebene" angekündigte Format "Ö1 bis zwei". Was aber an einer Musiksendung "tagesaktuell" sein soll, kann ich mir nicht so recht vorstellen. Aber ich werde mich gerne überraschen - und überzeugen lassen. Und dann werde ich mich wohl auch damit abfinden, dass das so vertraute "Opernkonzert" um 13 Uhr von dieser Neueinführung auf einen anderen Sendeplatz verdrängt wird. Dass aber die Literatursendung "Leseprobe" vom hörerfreundlichen Sendetermin freitags um 21.45 Uhr auf die sonntägliche Geisterstunde verlegt wird, kann nur unter Protest zur Kenntnis genommen werden. Da wird eine Sendeleiste, die österreichischer Gegenwartsliteratur gewidmet ist, in ein Eck gedrängt, das ihr bestimmt nicht gut tut.
Nach der Kürzung der Hörspiel-Honorare um die Hälfte ist das ein weiterer Schlag gegen die österreichische Gegenwartsautorinnen und -autoren. Und die fadenscheinige Begrüdung für diese Rochade - "diese Sendreihe übersiedelt auf den Spätabendtermin nach dem ,Kunstradio', das ebenfalls öfters experimentelle Literatur bringt und daher eine ähnliche Zielgruppe anspricht" - stimmt einfach nicht, wie ein Blick auf die Programmierung der "Leseproben" zeigt. - Was heißt überhaupt experimentell? Dass diese Literatur nur für ein paar Eingeweihte bestimmt ist, die man mit einem so späten Ausstrahlungstermin abspeisen kann? Ich halte diese Programmverschiebung jedenfalls für einen unfreundlichen Akt. Darin manifestiert sich ein Quotendenken, das dem ORF-Kultursender nicht gut ansteht.