Österreichischer SS-Mann organisierte 1944 Verhaftung. | Den Haag. (kap) Vor 80 Jahren - am 12. Juni 1929 - wurde Anne Frank, Autorin des wohl berühmtesten Tagebuchs der Welt, als zweites Kind des Kaufmanns Otto Frank und seiner Frau Edith in Frankfurt geboren. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wanderte die Familie nach Amsterdam aus. 1940 wurden die Niederlande von den Deutschen besetzt, die jüdische Bevölkerung bekam auch in den besetzten Niederlanden die deutsche "Rassenpolitik" zu spüren.
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Als Anne Franks Schwester Margot im Juli 1942 einen Aufruf für den Transport in das Lager Westerbork erhielt, tauchte die Familie unter. Gut zwei Jahre lebten sie - zusammen mit der Familie van Pels und dem Zahnarzt Fritz Pfeffer - versteckt in einem Hinterhaus des Firmengebäudes von Otto Frank. Am 4. August 1944 wurden sie verraten, von den Deutschen verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo die Mutter unmittelbar vor der Befreiung 1945 starb. Die beiden Töchter kamen noch 1944 in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Dort starben sie kurz nacheinander im März 1945 an Typhus.
Bei der Verhaftung Anne Franks hatte übrigens ein Österreicher die Hand im Spiel: Es war der "SS-Oberscharführer" Karl Josef Silberbauer. Er verhaftete Anne Frank und ihre Familie am 4. August 1944 in Amsterdam. Silberbauer war 1935 in den österreichischen Polizeidienst eingetreten. Vier Jahre später wurde er Gestapo-Terrorist. 1943, dem Jahr seines Beitritts zur SS, zog er in die Niederlande. Im April 1945 kehrte Silberbauer nach Wien zurück, wo er 1954 wieder in die Wiener Polizei aufgenommen wurde.
Gestohlene Jugend
"Liebe Kitty", beginnen Annes Einträge in ihr rot-weiß kariertes Tagebuch. Das Papier ersetzte dem Mädchen die Freundin, die sie nicht mehr hatte. "Ich hoffe, dass Du mir eine große Stütze sein wirst", schrieb sie. Anne begann ihre Aufzeichnungen an ihrem 13. Geburtstag, am 12. Juni 1942.
Die Briefe an Kitty spiegeln vor allem den Alltag der im Hinterhaus eingesperrten Notgemeinschaft. Der Tagesablauf der Bewohner war streng reglementiert. Für Toilettengänge und Hausarbeiten gab es feste Zeiten, denn es durften keine Geräusche nach außen dringen. Gestohlene Jugendjahre. "Lesen, Lernen und Radio sind unsere Welt", schrieb Anne. Einzige Altersgenossen waren ihre Schwester Margot und Peter van Pels.
Zur Sprache kommen Gedanken über Gott, Sexualität und Familie. Auch die unvermeidlichen Spannungen unter den Versteckten, die tägliche Angst vor Entdeckung. "Das englische Radio berichtet von Gaskammern", notierte Anne am 9. Oktober 1942. Zugleich gibt das Tagebuch auch Aufschluss über Annes persönliche Entwicklung und zeichnet ihren Weg nach, den sie zwischen Kindsein und Erwachsenwerden suchen musste.
Ein Buch mit großer Wirkung: Übersetzt in einer Millionen-Auflage in mehr als 70 Sprachen. Mehr als 800.000 Menschen besuchen jährlich das als Museum eingerichtete "Anne Frank Huis" an der Amsterdamer Prinsengracht. Die Beschäftigung mit dem Tagebuch der Anne Frank war und ist für viele Menschen die erste und oft auch einzige Auseinandersetzung mit dem Holocaust.
Eine der Helferinnen, der Familie Frank, Miep Gies, verwahrte Annes Aufzeichnungen und übergab sie nach dem Krieg dem Vater Otto Frank. Er stellte aus beiden Manuskripten einen Text zur Veröffentlichung zusammen.
Um die Vorwürfe der Rechtsradikalen zu entkräften, veröffentlichte das Institut für Kriegsdokumentation in Amsterdam 1988 eine textkritische Ausgabe, mit der die Echtheit des Tagebuchs belegt wird.