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Lieber die "Strafe" als Mitarbeiter auf Rädern

Von Regine Bohrn

Wirtschaft
Nur wenige Firmen beschäftigen Behinderte.
© © © Image Source/Corbis

Für Behinderte ist der Weg in die Arbeitswelt oft mit Steinen gepflastert.


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Wien. Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als drei Viertel aller heimischen Firmen kamen 2010 ihrer Pflicht zur Einstellung von Menschen mit Behinderung nicht oder nicht ausreichend nach. Laut dem Sozialministerium hätten im Vorjahr 17.109 Betriebe zumindest eine Person mit Behinderung einstellen müssen. Tatsächlich haben aber nur 3869 Firmen beziehungsweise 22,6 Prozent diese Pflicht zur Gänze erfüllt. Die übrigen 77,4 Prozent haben entweder zu wenige oder gar keine Behinderten beschäftigt. Die säumigen Unternehmen mussten daher finanzielle Buße leisten.

Laut Behinderteneinstellungsgesetz sind die Arbeitgeber nämlich dazu verpflichtet, pro 25 Mitarbeiter einen Behinderten einzustellen. Sie können sich jedoch von dieser Verpflichtung mit einer Ausgleichstaxe freikaufen. Diese Taxe beträgt bei einer Firmengröße bis zu 100 Mitarbeitern 226 Euro, bis zu 399 Mitarbeitern 316 Euro und ab 400 Mitarbeitern 336 Euro. In Summe kamen so 91,4 Millionen Euro zusammen. Das Geld fließt dann in einen Ausgleichstaxfonds, aus dem Behindertenprojekte zur Arbeitsmarktqualifizierung und -heranführung finanziert werden.

Bewusstsein schaffen

Um Bewusstsein für Menschen mit Behinderung zu schaffen und ihnen so den Weg in die Arbeitswelt zu erleichtern, wurden in der Vergangenheit viele Initiativen ins Leben gerufen. Seit kurzem gibt es mit "CEOs on Wheels" eine neue, die sich speziell mit dem Thema "Arbeiten im Rollstuhl" auseinandersetzt.

Auslöser für die Gründung des Mentoring-Programms seien persönliche Erfahrungen gewesen, sagte Gründer Michael Sicher bei der Präsentation von "CEOs on Wheels". So habe er in jungen Jahren etwa keinen Ferialjob bekommen, nur weil er im Rollstuhl saß - obwohl er geeignetste Kandidat gewesen sei. Um zu zeigen, dass man als Rollstuhlfahrer aber genau dieselbe Leistung wie andere Menschen auch bringen kann, hat er die Initiative ins Leben gerufen. Dabei sollen Rollstuhlfahrer einerseits von Führungskräften unterstützt werden und andererseits die Manager einen Einblick in die Welt der Rollstuhlfahrer bekommen und so Bedenken und Unsicherheiten gegenüber Behinderten beseitigt werden. Denn gerade fehlendes Bewusstsein stelle eine große Hürde für den Eintritt in die Arbeitswelt dar.

Wille oft nicht vorhanden

Aber nicht nur das, sondern auch mangelnder Wille würden den Weg oft versperren, meint Sicher. So würden viele Arbeitgeber den strengeren Kündigungsschutz oft als Ausrede dafür verwenden, keine Behinderten anzustellen. Sicher glaubt deshalb auch nicht unbedingt daran, dass die Lockerung des Kündigungsschutzes viel bringen wird. "Schauen wir in vier Jahren weiter", meint er. Seit Jahresbeginn wird bei neuen Beschäftigungsverhältnissen der Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung erst nach vier Jahren und nicht wie bisher nach sechs Monaten wirksam.

Wie es scheint, müssen vor allem Betriebe, die noch keine Behinderten angestellt haben, Überzeugungsarbeit geleistet werden. Denn, so sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer kürzlich: "Die Erfahrung zeigt, dass Betriebe, die bereis Menschen mit Behinderung beschäftigt haben, eher bereit sind, weitere Menschen mit Behinderung einzustellen, als Betriebe, denen diese Erfahrung noch fehlt."

Dass dem wahrscheinlich so ist, beweist das Beispiel der Bank Austria. Hier gebe es zwei Jahren einen eigenen Disability-Manager, um das Thema in all seinen Facetten zu bearbeiten, erklärt Bank-Austria-Chef Willibald Cernko.

Eigene Homepages

Aber nicht nur auf Mitarbeiter-, auch auf Kundenseite werde versucht, Barrieren abzubauen. So werden alle Filialen bis 2016 barrierefrei gemacht und die Homepages wurden bereits auf die Bedürfnisse von tauben oder blinden Menschen angepasst.