Steirer Schickhofer bezweifelt die Weisheit von Landesgesetzen - Finanzausgleich soll Österreich effizienter machen.
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Wien.Spätestens im Herbst müssen die Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über einen neuen Finanzausgleich (FAG) abgeschlossen sein. Dabei geht es nicht nur um die Aufteilung der Steuereinnahmen - rund 85 Milliarden Euro pro Jahr - für die kommenden vier Jahre, sondern auch um die Festschreibung, wer welche Aufgaben zu erledigen hat. Über die Jahrzehnte hat sich der FAG zu einem intransparenten Dschungel entwickelt. Ankündigungen, diesen Dschungel einfacher, transparenter und aufgabenorientierter zu gestalten, verhallten bisher ungehört. Seit Freitag führt auf Länderseite der steirische Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent Michael Schickhofer die Verhandlungen.
"Wiener Zeitung": Finanzminister Hans Jörg Schelling beziffert die Chancen, dass mit Jänner 2017 ein neuer Finanzausgleich in Kraft treten kann, mit 70 Prozent. Und Sie?
Michael Schickhofer: Das halte ich für eine realistische Einschätzung, jetzt kommt es darauf an, ob und wie sich alle Partner bewegen. Für die Länder kann ich sagen: Wir wollen Reformpartner bleiben, aber wir müssen alle einen Zahn zulegen. Der Schwerpunkt muss bei einer Aufgabenreform liegen.
Laut Finanzminister ist der Reformeifer der Länder bereits erlahmt. Schelling etwa will die Mittel für die Kindergärten direkt an die Gemeinden überweisen, die auch dafür zuständig sind. Doch dagegen wehren sich die Länder. Warum?
Grundsätzlich sind wir offen, über solche Fragen zu reden. Beim Kindergarten ist es der Bund, der überhaupt keine Zuständigkeit hat. Grundsätzlich sind hier die Gemeinden zuständig, die Länder sind eingebunden als Fördergeber und pädagogische Aufsicht. Das ist wichtig, wenn es um die Koordination und Abgeltung von gemeindeübergreifender Zusammenarbeit geht. Wie das organisiert wird, kann man direkt in den Finanzausgleich einarbeiten und muss nicht über 15a-Vereinbarungen und das Familienministerium gehen. Ein Bereich, wo wir Länder bereit sind, Kompetenzen abzugeben, ist bei Betreuung von Schülern: Hier ist am Vormittag der Bund mit dem Landesschulrat und am Nachmittag die Gemeinde zuständig, da fällt die personelle wie pädagogische Abstimmung naturgemäß nicht leicht. Deshalb gibt es den Vorschlag, das in einer Hand - und zwar beim Bund - zusammenzuführen. Die Länder sind offen, wenn es vernünftige Ideen gibt, die müssen allerdings vom Finanzminister auch korrekt finanziell quantifiziert werden.
Im Finanzministerium besteht ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Ländern, wenn es um Geld geht.
Die Länder erledigen ihre Aufgaben - kontrolliert von den Landesrechnungshöfen - sehr konsequent und ernsthaft. Wenn es Möglichkeiten gibt, sparsamer und effizienter zu wirtschaften, soll das umgesetzt werden. Wenn es um interkommunale Zusammenarbeit geht, sind es entweder die Länder, die das koordinieren, oder man schreibt eben fest, dass jede Gemeinde eine gewisse Leistung zu erbringen hat. Wie dies dann erfolgt, ob allein oder durch interkommunale Zusammenarbeit, wäre dann Sache der Gemeinden. Das muss man ausverhandeln und entsprechend festschreiben.
Als Kompromiss kann sich der Finanzminister eine Zweckwidmung der Mittel für Kinderbetreuung vorstellen. Sie auch?
Zweckwidmungen bedeuten grundsätzlich mehr Bürokratie, wenn das über 15a-Verträge zwischen Bund und Ländern geht. Das lässt sich aber auch unkompliziert über den Finanzausgleich regeln. Da kann ich mir schon einen großen Schritt in Richtung Vereinfachung vorstellen.
In welchen Bereichen konkret?
Neben der Schulbetreuung vor allem bei den großen Themen Pflege und Gesundheit.
Es heißt, hier sei man einer Einigung bereits sehr nahe . . .
Ja, das ist richtig, deshalb müssen wir jetzt jene Bereiche angehen, welche die Investitionskraft der Länder betreffen. Umsatzsteuer ist hier ein riesiges Thema: Wenn man länderübergreifende Zusammenarbeit zwischen Gemeinden fördern will, dann sollte man diese nicht mit Umsatzsteuer belasten. Das betrifft auch die länderübergreifende Kooperation von Spitälern. Dazu muss die EU-Umsatzsteuerrichtlinie entsprechend geändert werden, genau dafür wirbt Österreich mit Deutschland in Brüssel. Ein weiterer Bereich, die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu stärken, ist die Neugestaltung der Grundsteuer. Mein Schwerpunkt liegt aber schon darin, mit den vorhandenen Mitteln effizienter umzugehen. Dazu bedarf es aber der Mitarbeit der Ministerien.
Welche sprechen Sie hier an?
Bei der Kinderbetreuung das Familienministerium: Wenn man hier auf 15a-Vereinbarungen verzichtet, würde das vieles vereinfachen, das Problem ist nur: Dann würde nicht mehr sehr viel an Kompetenzen für dieses Ressort übrig bleiben. Eine weitere Frage ist der Umgang mit dem Ärztearbeitszeitgesetz. Ich will am Land keine Spitäler schließen müssen, nur weil wir hier zu keinen vernünftigen Lösungen kommen.
Sie sind bekennender Gegner einer Steuerautonomie für die Länder. Warum?
Weil die Leute jetzt schon nicht verstehen, warum viele Bereiche in Österreich - etwa der Jugendschutz - unterschiedlich statt einheitlich geregelt sind. Dann auch noch die Steuern unterschiedlich zu regeln, würde nur zu einem kontraproduktiven Wettbewerb zwischen den Ländern führen.
Wettbewerb gibt es jetzt schon, nur eben über Förderungen, der ist nicht viel weniger bürokratisch. Idee der Steuerautonomie ist es, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung zusammenzuführen. Derzeit geben die Länder das Geld nur aus, der Bund muss es einnehmen.
Die Frage ist: Mach ich es einfacher oder noch komplizierter? Das Argument, dass es jetzt schon kompliziert ist, kann kein Freibrief sein, dass es noch komplizierter wird. Entscheidend ist, dass es einfacher wird. Einzelne Länder wie Vorarlberg könnten sich eine Gesamtreform mit relevanter Steuerautonomie vorstellen, doch davon sind wir weit entfernt. Was davon übrig geblieben ist, würde de facto nur eine weitere Verbürokratisierung des Systems bedeuten.
Angenommen, Sie könnten eine Sache ändern mit dem Ziel, das Werkl der Republik besser laufen zu lassen. Was wäre das?
Die entscheidende Frage ist, wie man die Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern aufteilt. Hier sollte der Bund für eine einheitlichere Gesetzgebung sorgen und im Gegenzug sollten die Länder mehr Kompetenzen bei der Vollziehung haben. Neun Personalrechte zu haben, macht die Sache nur komplizierter. Es geht darum, Österreich effizienter zu machen.
Michael Schickhofer, geb. 1979 in Weiz, ist seit 2015 Obmann der steirischen SPÖ und stellvertretender Landeshauptmann. Der studierte Betriebswirt begann seine politische Karriere in der Kommunalpolitik.