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Die Opposition macht sich in der Frage des U-Ausschusses kleiner, als sie ist. Und das ohne Not.
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Das Bemitleiden von Regierungsparteien verbietet sich. Erstens zwingt sie keiner, und zweitens werden allfällige Nachteile mit üppigen Vorteilen aller Art mehr als nur ausgeglichen. Das gilt auch für die Grünen. Deren mehr als nur absehbare Entscheidung, einer Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses die Zustimmung zu verweigern, hat die nicht minder vorhersehbare Reaktion hervorgerufen: einen Aufschrei der Opposition.
Dass die parlamentarische Minderheit das Recht hat, einen U-Ausschuss gegen die Mehrheit durchzusetzen, ist ein demokratiepolitischer Quantensprung. Daraus ergibt sich allerdings kein Anspruch, dass die Mehrheit einer Verlängerung des U-Ausschusses zustimmen muss.
Die Empörung über das "Leider nein" der Grünen ist Theater. Das gehört zur Politik, weil es die Positionen für Menschen verdeutlicht, die weder Zeit noch Nerven haben, die Verästelungen der heimischen Innenpolitik bis ins letzte Detail zu verfolgen.
Dieses Theater hat im konkreten Fall einen ernsten Kern, weil die Opposition ihre Macht und ihre Möglichkeiten als parlamentarische Minderheit selbst kleinredet, indem sie, wiederum ohne Not und gegen die Fakten, eine Abhängigkeit von der Mehrheit vorgibt. Damit schwächt sich das Parlament in seinem Anspruch, die Kontrolle über die Regierung selbstbewusst praktisch auszuüben.
Richtig ist, dass die Minderheit nicht verfahren kann, wie sie will, weil sie eben nicht die Mehrheit ist. Alles andere würde auch dem Grundgedanken parlamentarischer Herrschaft zuwiderlaufen. Gerade aber der Streit um die Verlängerung des U-Ausschusses ist das falsche Beispiel, um fehlende Kontrollmöglichkeiten zu beklagen.
Der Ibiza-U-Ausschuss läuft regulär aus, etliche Zeugen waren schon doppelt geladen. SPÖ, FPÖ und Neos haben alle Möglichkeiten, der Regierung oder auch nur der Kanzlerpartei schmerzhaft auf den Zahn zu fühlen - sei es durch einen erneuten U-Ausschuss zum gleichen Thema oder zu einem neuen, etwa zum Krisenmanagement der Pandemie. Die einzige Anforderung an die Opposition ist, dass sie ihre politischen Prioritäten offenlegt. Auch hier ist die Minderheit frei von allen Zumutungen durch die Mehrheit.
Das oppositionelle Trio im Nationalrat hat also alle Möglichkeiten. SPÖ, FPÖ und Neos sind die Herren des Kontrollverfahrens. Das sollten sie selbstbewusst ausleben und keine Abhängigkeit von der Mehrheit herbeireden. Dass eine Verlängerung praktischer, opportuner, bequemer wäre, sollte kein Argument sein. Wer es am liebsten einfach hat, ist im Parlament nämlich am falschen Platz.