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Die Gründung einer neuen Partei der russischen Einwanderer "Israel Beiteinu" (Israel Unser Heim) durch den früheren Kabinettschef von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Avigdor Lieberman, hat
die Karten in der israelischen Innenpolitik völlig neu gemischt. Politische Experten sind überzeugt, daß die vorgezogenen Parlamentswahlen im Mai von Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion
entschieden werden. Mit nahezu einer Million Menschen ist die Gemeinschaft der aus GUS-Republiken kommenden Israelis heute zahlenmäßig bereits größer als der bisher stärkste Block der Einwanderer aus
Nordafrika.
Die Gründung der Partei hat zur Spaltung der russischen Einwanderer und zu einer scharfen Konfrontation zwischen Netanyahu und Handels- und Industrieminister Nathan Sharansky geführt. Der einstige
sowjetische Dissident Anatoli Schtscharanski ist Gründer und Chef der Einwandererpartei "Israel Be Alya", die bei den Wahlen 1996 sieben Mandate eroberte und in der Regierung mit zwei Ministern
vertreten ist. Die kürzlich abgehaltenen Kommunalwahlen haben gezeigt, daß die bisher einzige Partei der russischen Einwanderer, "Israel Be Alya", die kohärenteste Kraft ist, die praktisch alle
anderen Listen überflügeln konnte.
Sharansky beschuldigt Netanyahu, dem in Moldawien aufgewachsenen Lieberman grünes Licht gegeben zu haben. Er bezeichnet die neue Partei als Likud-Ableger für russische Einwanderer. Der Premier
behauptet hingegen, daß sein Ex-Adlatus aus dem Likud-Block ausgeschieden ist. Die Gründung der neuen Partei sei ohne seine Schützenhilfe geschehen, beteuert Netanyahu.
Lieberman, der weiterhin enge Kontakte mit dem Regierungschef unterhält, gab bekannt, daß seine neue Partei die Wahl Netanyahus zum Ministerpräsidenten unterstützen werde. Israel brauche in seiner
gegenwärtigen instabilen Lage einen starken Regierungschef. Netanyahu hatte sich 1997 von seinem engsten Vertrauten Lieberman · der als Architekt des Likud-Wahlsiegs von 1996 galt · trennen müssen,
nachdem einflußreiche Likud-Minister die "graue Eminenz" des Partei- und Regierungschefs beschuldigt hatten, sich des Likud mit undemokratischen Mitteln bemächtigen zu wollen.
Lieberman, der auch eine Schlüsselrolle in dem "Bibi-Gate" genannten Korruptionsskandal um Postenbesetzungen gespielt hatte, wurde seither ein erfolgreicher Geschäftsmann, der mit Hilfe seiner
hervorragenden Beziehungen in Rußland international wirtschaftliche Fäden spann. Unter anderem erklärte er kürzlich, daß die Bank Austria zu seinen Kunden zähle und er diesem österreichischen
Institut durch seine Rußlandkontakte einen großen Profitdienst erwiesen habe.
Der frühere Wissenschaftsminister Michael Eytan beschuldigte Lieberman, mit "der Mafia nahestehenden Elementen" in Rußland Beziehungen zu unterhalten. Der Ex-Moldawier wies diese Behauptung mit der
Erklärung, daß führende Mitglieder der Likud-Partei "aus Konkurrenzgründen falsche Anschuldigungen" gegen ihn verbreiteten, entschieden zurück.