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Liegt Polen doch so nah . . .

Von Martyna Czarnowska

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Polen stehlen Autos, und Polen jammern gern. Das Land an der Weichsel hat einen evidenten Imagewandel erfahren; das Bild des vom Schicksal gebeutelten, um die Freiheit hoch zu Ross und mit dem Schwert in der Hand kämpfenden Volkes hat sich gewandelt - nicht unbedingt zum Positiven. Die von Nostalgie getragene Sympathie, die viele PolInnen für Österreich hegen, beruht kaum auf Gegenseitigkeit. Klischees über die slawische Natur stehen auf der Tagesordnung.

Aus dieser Sicht ist es nur lobenswert, wenn Ö1 eine ganze Woche lang nach "Nebenan" blickt. Die Sendereihe steht im Zeichen von "Erkundungen in Österreichs Nachbarschaft", und wenn Polen auch nicht direkt an den hiesigen Staatsgrenzen liegt, so fügt es sich doch gut in den Zyklus, der den EU-Beitrittskandidaten gewidmet ist. So war in der vergangenen Woche viel von den Aufnahmebemühungen Polens in die Union die Rede oder von den sozialen Problemen, die sich auf dem Weg in die freie Marktwirtschaft ergeben. Stadtporträts wechselten sich ab mit Kurzgeschichten polnischer Autoren, und "dem Jazz" war auch eine Sendung gewidmet. Seinen Bildungsauftrag nimmt der ORF in diesen Fällen ernst; möglichst breit gefächert soll die Themenpalette sein. Die Leute sollen ja was erfahren über dieses fremde Land, das Wien näher liegt als etwa Vorarlberg.

Doch allzu sehr war der Blick in die Vergangenheit gerichtet. Sind viele Ressentiments auch von historischen Erfahrungen genährt, so sind es doch zunächst Zukunftsperspektiven, die die meisten Ängste und Hoffnungen wecken. Diesen Aspekt hat die Sendereihe zwar nicht ausgespart; im Vordergrund stand er allerdings auch nicht. Es ist aber Zeit, von Klischees abzugehen - auf beiden Seiten.