Investment in US-Lebensversicherungen wird in neue Genussscheine gepackt.
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Wien. In sogenannte Secondhand- Lebensversicherungspolizzen alter und kranker US-Bürger zu investieren, überschreitet bei manchem Anleger die Geschmacksgrenze. "Ich halte wenig bis gar nichts davon , weil es undelikat ist, mit dem Wohlbefinden der Leute zu spekulieren", sagt Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger (IVA) zur "Wiener Zeitung". "Ich finde es schade, dass es der hochintelligente Gerald Hörhan notwendig hat, so etwas zu machen." Investment-Banker und Finanz-Buchautor Hörhan, der in seiner Rolle als "Investment-Punk" gerne starke Sprüche klopft, muss sein Genussscheinkonstrukt "Life Settlement Holding AG" mit US-Secondhand-Lebensversicherungspolizzen rechtlich restrukturieren - auf Druck der Finanzmarktaufsicht (FMA). Am 1. August 2011 hatte die FMA angeordnet, dass diese Genussscheine Serie A und B, die am dritten Markt der Wiener Börse notierten, "vom Handel ausgesetzt" werden. Zugleich wurde Hörhan aufgefordert, "einen rechtskonformen Zustand herzustellen". Denn die FMA bewertete das Modell als Einlagengeschäft, für das eine Bankkonzession notwendig ist. Bis August 2012 hat Hörhan Zeit, die alten Obligations-Genussscheine in neue Substanzgenussscheine umzutauschen. Dafür mussten nach Diskussionen mit der FMA auch neue Genussscheinbedingungen gebastelt werden.
Am 1. Juni hat Hörhan zwei "Versammlungen der Genussrechtsgläubiger" anberaumt. Dort soll der Umtausch von 1,82 Millionen Genussscheinen (Serie A) mit einem Gesamtnominale von 15,47 Millionen Euro und von 90.064 Genussscheinen (Serie B) mit einem Gesamtnominale von 574.000 Euro abgesegnet werden. Laut Angaben der Life Settlement Holding sind im Rechnungskreis A 37 Polizzen mit einem Kaufpreis von 13,201 Millionen Dollar (10,03 Millionen Euro) und einer Versicherungssumme von 22,7 Millionen Dollar (17,24 Millionen Euro). Das durchschnittliche Alter der versicherten US-Bürger beträgt 75 Jahre, ihre Lebenserwartung noch theoretisch 67 Monate. Dazu kommen noch zwölf Polizzen der Mutual Benefits Corporation (4,1 Millionen Dollar Versicherungssumme), deren Vorstände vor Jahren wegen Betrugs verurteilt worden sind. Sie hatten mit Hilfe von Ärzten die Lebenserwartung der Polizzeninhaber "frisiert". Hörhan konnte die Life Settlement zustehenden Polizzen per Klage loseisen.
"Dass die US-Versicherungsbranche damals so große Probleme hatte, haben wir alle nicht gewusst. Wir haben aber tatsächlich werthaltige Polizzen", sagt Hörhan. "Das Risiko des Geschäfts ist, wenn der Versicherte sehr lange lebt, sie die Polizzen zu teuer eingekauft haben und sie Prämien zahlen müssen. Im Extremfall können sie auch einen Verlust machen." Nachsatz: "Es ist ein Investment, das nicht mit den klassischen Kapitalmärkten korreliert."