ORF-Chefin Monika Lindner will scheinbar, dass ein Medienjournalist mit seiner kritischen Berichterstattung nicht ungeschoren davonkommt und - bei ungünstigem Richterspruch - für seine umfassende ORF-Berichterstattung (er hatte unter anderem ihr Bewerbungskonzept veröffentlicht) hinter Schloss und Riegel kommt. Nichts anderes ist die Außenwirkung jener Klage, mit der Linder (die im August die Wahl im Stiftungsrat verloren hatte und daher am 1. Jänner in ihrer Funktion durch Alexander Wrabetz ersetzt wird) dem ORF sozusagen kurz vor dem Abgang einen Bärendienst erwiesen hat.
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Dass ausgerechnet die Chefin eines Kommunikationsunternehmens nun endgültig bewiesen hat, dass sie ein problematisches Verhältnis zur Kommunikation hat, ist mehr als nur eine stille Ironie. Beobachter halten das für einen der wichtigsten Gründe dafür, dass ihr ein anderer Kandidat vorgezogen wurde.
Einige Beispiele illustrieren das Problem deutlich: Etwa Lindners Abneigung gegen kritische Interviews, die sie mit Auftritten in den Seitenblicken und Society-Kolumnen zu kompensieren versuchte. Kritische Fragen wurden oft als persönliche Beleidigung empfunden, nicht selten wurden die Fragesteller mitten im Gespräch abgekanzelt.
In den Abteilungen des Hauses war Lindner zudem selten zugegen - auch lang gediente ORF-Insider können sich nicht erinnern, dass Lindner etwa jemals die Nachrichtenredaktion besuchte. Einen raschen Termin bei Lindner zu bekommen, war auch für Abteilungsleiter eine schwere Übung, dafür durften sich Moderatorinnen, wie man hört, über direkte E-Mails mit hilfreichen Tipps zur Haartracht freuen. Nicht einmal in der ORF-Kantine hatte man die Chance, die Chefin zu treffen: Mitarbeiter wollen sie dort nie gesehen haben.
Sie "wollte nicht stören" - hat Lindner sinngemäß ihren Rückzug auf ihren durch mehrere Türen vom Rest des Hauses abgetrennten Bürokomplex im sechsten Stock des Küniglberges medial begründet. Letztlich dürfte es genau dieser Zugang zu zwischenmenschlicher Kommunikation gewesen sein, der zu ihrer Abwahl beigetragen hat: Denn auch so mancher Stiftungsrat - und das sind immerhin ihre Wähler - fühlte sich von Lindner offenbar nicht ausreichend betreut.
Es ist nun die Aufgabe ihres Nachfolgers Alexander Wrabetz, die Kommunikation des Hauses neu aufzustellen. Dass er das ernst meint, zeigt die Tatsache, dass der neue Chef bereits mehrfach alle Mitarbeiter aufgefordert hat, ihm Konzepte für neue Sendungen zu schicken, die bisher entweder nicht den Weg in die Chefetage gefunden hatten - oder dort abschlägig beschieden wurden.
Der umstrittene neue Kommunikationschef des Hauses, der vormalige Grüne-Stiftungsrat Pius Strobl, muss nun die Kommunikation des ORF auf eine professionelle und sachliche Ebene zurückführen. Kein allzu schwerer Job, ätzen indessen ORF-Insider: Die Latte liege hier auf Knöchelhöhe.