Zum Hauptinhalt springen

Linke Militärpremiere

Von Alexander Dworzak

Politik

Erstmals stimmen Abgeordnete der deutschen Linkspartei für den Einsatz der Bundeswehr. Die Fraktion ist uneins, es geht um Pazifismus - und künftige Koalitionsoptionen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Berlin/Wien. Webseite: Fehlanzeige. Twitter: Fehlanzeige. Facebook: Fehlanzeige. Wer sich im Internet, insbesondere in den sozialen Medien und Netzwerken der deutschen Linkspartei über die heute, Mittwoch, stattfindende Abstimmung im Bundestag informieren möchte, wird nirgends fündig. Die größte Oppositionspartei geht auf Tauchstation. Denn wieder einmal knirscht es parteiintern im Gebälk, treten die Konflikte zwischen Pragmatikern und Fundis zutage. Diesmal geht es um einen Kern der Identität der Linkspartei, ihren Pazifismus.

Die Parlamentarier entscheiden, ob die Bundeswehrfregatte "Augsburg" bei der Vernichtung syrischer Chemiewaffen assistieren soll. Diese werden an Bord eines US-Spezialschiffs in einem ersten Schritt vor der italienischen Küste unbrauchbar gemacht. Die Besatzung des deutschen Schiffs ist an diesem Prozedere völlig unbeteiligt, sie begleitet lediglich das amerikanische und soll dieses im unwahrscheinlichen Fall von Angriffen schützen. "Der Einsatz hat Türöffnercharakter", fürchtet jedoch Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen stellvertretend für die Mehrheit in der Fraktion.

Gysi scheitert doppelt

Die Linken sind in einer verzwickten Lage: Sie haben die Einigung zwischen Syriens Machthaber Bashar al-Assad und dem UN-Sicherheitsrat zur Vernichtung der Chemiewaffen begrüßt; fast die Hälfte der syrischen C-Waffen sind mittlerweile außer Landes gebracht. Und als vehemente Abrüstungs-Befürworter müssten sie jubilieren, wenn dies tatsächlich geschieht. "Es gibt einige in unserer Fraktion, die sehr grundsätzlich sagen, die Bundeswehr hat dort nichts zu suchen", erklärt Fraktionsvize Dietmar Bartsch im "Deutschlandradio Kultur" den parteiinternen Konflikt. Der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi versuchte die Debatte einzufangen und seine Mitglieder zur geschlossenen Enthaltung zu bewegen. Er scheiterte letztlich. Damit passiert am Mittwoch Historisches im Bundestag: Zum ersten Mal votieren Abgeordnete der Linkspartei für einen Einsatz der Bundeswehr. Wie viele es sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, denn es gab keine Probeabstimmung innerhalb der Fraktion. Einige Gegner der Pragmatiker haben sich öffentlich positioniert, unter der Führung der Vize-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht verurteilten 15 Abgeordnete der Linken den Einsatz.

Für Gysi ist das dissente Votum doppelt bitter. Das Gesicht der Partei nach außen und ständiger Gast in Polit-Talkshows verliert damit intern an Autorität. Der Konflikt innerhalb der Linken bringt die Partei auch gegenüber SPD und Grünen in Bedrängnis.

Sowohl die mitregierenden Sozialdemokraten als auch die oppositionelle Öko-Partei stimmen für den Einsatz der "Augsburg". "Wer sich in der Außenpolitik so leichtfertig der Verantwortung entzieht, sollte das Wort Frieden nicht mehr in den Mund nehmen", kritisiert der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour die Uneinigkeit der Linken. Wieder zeigt sich, dass in Außen- und Sicherheitspolitik Rot und Grün noch immer Welten von der Linkspartei trennen, die beispielsweise für die Abschaffung der Nato plädiert. So wird es nichts mit "R2G" ab 2017 - der angepeilten rot-rot-grünen Koalition.