Mit Andrew Gillum triumphiert ein weiterer "progressiver" Demokrat gegen das Partei-Establishment.
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Washington. "Linkslinke", "Sozialisten", Kommunisten", "Sozialromantiker": Das Vokabular, das man auf "Fox News" und anderen rechtsgerichteten US-Medien für Politiker wie Adrew Gillum findet, ist recht breit gefächert. Der 39-jährige Demokrat und bisher weitgehend unbekannte Bürgermeister der 180.000 Einwohner zählenden Stadt Tallahassee wird momentan von einer Nachrichtensendung zur nächsten gereicht. Am Dienstag setzte er sich in der Vorwahl um das prestigereiche Gouverneursamt in Florida mit 34,3 Prozent gegen seine demokratische Hauptkontrahentin Gwen Graham (31,3 Prozent) durch. Der Stimmenunterschied wirkt unscheinbar, ist aber von erheblicher Bedeutung.
Mit Gillum hat ein Newcomer vom linken Flügel der Demokraten eine Kongressabgeordnete, deren Vater bereits das Amt des Gouverneurs Floridas bekleidet hatte, geschlagen. Sein Sieg wird von Beobachtern der US-amerikanischen Innenpolitik als eines von sich häufenden Anzeichen eines Umbruchs innerhalb der Demokratischen Partei gesehen: immer mehr Kandidaten aus dem linken Lager um Bernie Sanders bestreiten erfolgreich Wahlen.
Sanders selbst unterlag Hillary Clinton, 2016 bei den Vorwahlen zum Amt des US-Präsidenten. Gesicht einer Trendwende war zuletzt vor allem Alexandria Ocasio-Cortez. Die 38-Jährige mit puerto-ricanischen Wurzeln gewann im 14. Kongresswahlbezirk New Yorks im Juni die Vorwahl um die Kandidatur bei den Midterm Elections im November. Auch sie ist eine prononcierte Partei-Linke, arbeitete während der US-Präsidentschaftswahlen im Team von Bernie Sanders mit. Sie bezeichnet sich selbst als "demokratische Sozialistin". Und dann gibt es da noch Kara Eastman, die 46-jährige Demokratin aus Nebraska, die ebenfalls im November für das Repräsentantenhaus antreten wird.
Die selbsternannten "Progressiven" rechnen mit der Politik des Präsidenten Donald Trump und der Republikaner, aber auch mit dem "Establishment" der eigenen Partei ab. Während Ocasio-Cortez unter anderem das strikte US-Strafrecht reformieren will, forderte Gillum höhere Steuern für Unternehmen und Trumps Amtsenthebung. Eastman kritisiert Obama-Care als unzureichend und propagiert eine allgemeine Krankenversorgung.
Ob sich die Demokratischen Partei-Rebellen auch gegen ihre republikanischen Gegner durchsetzen können, ist ungewiss. "Viele der progressiven Kandidaten treten in republikanisch dominierten Bundesstaaten an und werden es daher nicht in den Kongress schaffen", kommentiert US-Politologin Elaine Karmarck.
Polarisierte Stimmung
Während sich bei den Demokraten linke Kandidaten durchsetzen, ist bei den Republikanern genau die gegengleiche Entwicklung zu verzeichnen. Unter den republikanischen Anwärtern auf das Repräsentantenhaus und Gouverneurs-Posten befinden sich zahlreiche konservative Hardliner und Trump-Apologeten. Der Politikanalystin Susan Mcmanus zufolge sei es in der US-amerikanischen Politik nicht mehr möglich, "sich in der politischen Mitte zu treffen". Auch Andrew Gillums Kontrahent bei der Gouverneurs-Wahl in Florida, Ron DeSantis, zählt zum Trump-Lager und wird vom US-Präsidenten tatkräftig unterstützt. So diametral die politischen Ansichten der Kandidaten, so polarisierend sind auch einige Wortmeldungen. DeSantis reagierte auf die Nominierung des Afroamerikaners Andrew Gillum gar mit einem rassistisch konnotierten "Affen"-Sager, den dieser nicht lange unbeantwortet ließ: "Wir uns nicht herumschubsen. Erst recht nicht in Florida."