Sozialdemokraten holen Nationalisten und Me | è | iar ins Boot. | Linke und Rechte fordern Stopp weiterer Privatisierungen. | Robert Fico gilt als Sozialdemokrat und Nationalist. | Pressburg. Knapp zwei Wochen nach den vorgezogenen Parlamentswahlen in der Slowakei deutet vieles auf eine Koalition aus der sozialdemokratischen Smer-SD-Partei von Wahlsieger Robert Fico mit der Slowakischen Nationalpartei (SNS) von Ján Slota und der Volkspartei-Bewegung für eine demokratische Slowakei (LS-HZDS) von Ex-Premier Vladimír Me è iar hin. Die genannten Parteien weisen eine programmatische Nähe insbesondere in der Frage der Privatisierungen auf, die andere Varianten unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das geht aus den Ergebnissen der Sondierungsgespräche hervor, die Wahlsieger Fico bis jetzt geführt hat.
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Das scheinbare Paradox des Zusammengehens eines linksgerichteten Premiers mit zwei deutlich rechts orientierten Parteien löst sich bei näherer Betrachtung der sechs künftig im Parlament vertretenen Parteien und ihrer Programme schnell auf.
Roter Nationalist
So steht Fico, der für ein "Zurück zu einer menschenwürdigen Politik" plädiert, zwar als Chef der Smer-SD für die traditionell schwache politische Linke. Pikanterweise wird er aber wegen seines oft populistischen Auftretens von nicht wenigen eher als Nationalist eingestuft. Seine Smer-SD versteht sich als Sprachrohr und Anwalt der Verlierer der gesellschaftlichen Umbrüche, vor allem der radikalen marktwirtschaftlichen Reformen in den vergangenen acht Jahren. Die wichtigsten Forderungen der Partei sind die Abschaffung des Einheitssteuersatzes von 19 Prozent und die Einführung eines Steuersatzes von 25 Prozent für "Reiche und Monopolisten" sowie der Stopp jedweder Privatisierung insbesondere von Energie- und Transportunternehmen.
In diesem Punkt ist sich die Smer-SD mit SNS und LS-HZDS einig. Die SNS, die ihre Wählerschaft vor allem im Norden des Landes hat, spricht sich auch für eine zentralistisch geprägte Slowakei mit der Hauptstadt Pressburg, dem ostslowakischen Koice und ilina in der Nordslowakei als Verwaltungszentren sowie für ein Ende der vermeintlich bevorzugten Behandlung von Roma und den Angehörigen der ungarischen Minderheit aus, deren Interessen von der Partei der ungarischen Koalition (SMK) wahrgenommen werden. Die SMK setzt sich für eine besondere Förderung der mehrheitlich von Ungarn bewohnten Südslowakei ein, bisweilen wird auch die Forderung nach zumindest ökonomischer Autonomie dieser Region erhoben. Die SNS schließt eine Zusammenarbeit mit der SMK kategorisch aus.
Me è iar moderat
Viele der Positionen, die heute von der SNS vertreten werden, waren in der Vergangenheit typisch für die LS-HZDS. Die Partei bemüht sich allerdings sichtlich um ein moderateres Auftreten und plädiert heute für eine ökonomisch starke und für Touristen attraktive Slowakei, in der Reformen stattfinden, die für jedermann verständlich und in einem positivem Sinne spürbar sind. Hier hat Ministerpräsident Mikulá Dzurinda ursprünglich Anknüpfungspunkte zwischen LS-HZDS und seiner Sozialdemokratisch-christlichen Union-Demokratische Partei (SDKÚ-DS) gesehen. Diese steht wie keine andere Partei für den radikalen marktwirtschaftlichen und USA-freundlichen Kurs der Slowakei in den vergangenen acht Jahren. Wegen der heftigen Kritik am vermeintlich durch diese Politik verursachten sozialen und regionalen Auseinanderdriften des Landes will sich die SDKÚ-DS nunmehr für "gerechte" Reformen einsetzen. Vorrangig ist dabei der tiefgreifende Umbau des Bildungswesens.
Die christdemokratische KDH schließlich, aus der die SDKÚ einst hervorgegangen war, steht für konservative Werte, vor allem traditionelle Familienstrukturen, aber auch für ein modernes Bildungssystem, in dem katholische Schulen besonders gefördert werden sollen, sowie für die Forderung nach einer "würdigen" juristischen Aufarbeitung des Kommunismus und der Meciar-Ära. Teile der Partei würden eine stärkere Verknüpfung von Staat und Kirche begrüßen.