Nach Absturz 2015 auf Platz drei kämpfen die Roten mit der neuen Spitzenkandidatin Gerstorfer bei Mittelschicht im Industrieland um ein Plus.
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Wien/Steyr. Als wäre es von langer Hand zeitlich so geplant gewesen: Oberösterreichs SPÖ mit Parteichefin Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer versammelte am frühen Donnerstagabend die Genossen auf dem schmucken Stadtplatz in Steyr zur offiziellen Auftaktveranstaltung für die Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterdirektwahl am 26. September. Gleichzeitig wurde bekannt, dass in dem von Siegfried Wolf übernommenen MAN-Werk in Steyr Kurzarbeit notwendig ist.
Die Sicherung von Arbeitsplätzen ist zentraler Teil des roten Wahlkampfes. Im Herbst 2020 hat die SPÖ bei einer Demonstration in Steyr ihre Solidarität mit den betroffenen Arbeitern bekundet, als die Schließung des MAN-Werks drohte. Der Unterschied: Damals war auch SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner dabei, die dieses Mal bei einem Festakt der SPÖ Niederösterreich in Wien zu Gast war. Rendi-Wagner war aber schon zur Unterstützung Gerstorfers unterwegs, am kommenden Montag kommt sie zu einer Bürgermeisterkonferenz erneut nach Linz. Aber auch Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und der Kärntner Landeschef Peter Kaiser waren als Schützenhilfe schon da.
Die kann die frühere AMS-Landesgeschäftsführerin Gerstorfer dringend brauchen. Nach dem Runterrasseln auf 18,3 Prozent und dem schmerzhaften Rückfall hinter die FPÖ auf Platz drei 2015 sieht es nun in Umfragen nicht so aus, als könnten die Roten die Blauen überholen.
Das spielt sich alles in einem Bundesland ab, in dem neben dem Flaggschiff Voest andere Industrievorzeigebetriebe wie etwa Rosenbauer mit vielen Arbeitern beheimatet sind. Ganz zu schweigen davon, dass die SPÖ in Oberösterreich 1967 sogar die Nase bei einer Landtagswahl vor der bis heute dominierenden ÖVP hatte.
Die Begleitband "Pleiten, Blech und Pannen" in Steyr mögen manche als bezeichnend für die SPÖ im Oberösterreich ansehen. Realität ist, dass die SPÖ 2003 unter dem damaligen Landeschef Erich Haider mit der Kritik an Pensionseinschnitten der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung und dem Voest-Verkauf noch auf satte 38,3 Prozent gekommen ist.
Gerstorfer will Platz zwei von der FPÖ zurückholen
Einer, der es wissen muss, Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina, verweist jetzt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" als Meinungsforscher von Unique Research darauf, dass Oberösterreich ein Industrie-, aber auch Agrarland sei. Nach Erich Haiders Abgang seien die Weichen inhaltlich und personell "falsch gestellt" worden. Das sei unter dem - scharfzüngigen - Josef Ackerl passiert. Doch habe man mit einem "prononciert linken Auftritt" gerade bei einer gut verdienenden Industriearbeiterschaft wenig reüssieren, erst recht nicht bei noch besser gestellten Angestellten der Mittelschicht.
Gerstorfer fordert Investitionen in die Bildung und stemmt sich gegen Sozialabbau. Mit der Rückeroberung von Platz zwei von der FPÖ hat sich die seit 2016 amtierende SPÖ-Chefin ein schwer zu erreichendes Ziel gesetzt.