Am 31. Jänner lädt die Stadt Wien zum ersten Ball der Wissenschaften im Rathaus. Ein Tag nach dem Akademikerball der FPÖ. Ein politisches Statement möchte man damit nicht setzen.
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Wíen. Feelgood-Politik wird Dienstagvormittag im Wiener Rathaus großgeschrieben. Debütantinnen in weißen Ballkleidern posieren frierend am Eingang des Steinsaals II vor Fotografen und renommierte Wissenschafter lassen sich heiter auf roten Plüschsesseln ablichten. Sie sind die Testimonials einer neuen Kampagne der Stadt Wien. Für den Wiener Ball der Wissenschaften sollen sie werben. Am 31. Jänner wird er im Rathaus stattfinden. Einen Tag nach dem Akademikerball in der Hofburg.
Nach den Ausschreitungen im Vorjahr rund um den umstrittenen Burschenschafterball wurde der Ruf nach einer Gegenveranstaltung zum rechten Vernetzungstreffen immer lauter. Nun hat die Stadt Wien reagiert. Nur: als Anti-Akademikerball will man sich nicht verstanden wissen, wie Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) am Dienstagvormittag immer wieder betont. "Ich will nicht eine ohnedies langsam abstinkende Veranstaltung auch noch dadurch aufwerten, dass man sagt: Jetzt muss man etwas dagegen machen", erklärt er. "Der Ball der Wissenschaften ist ein Ball mit einer Haltung, die nach vorne gerichtet ist, wo es um Vielfalt und Toleranz geht."
Ein Lifeball der Nerds
Mit politischen Seitenhieben auf das rechte Tanzpendant hält man sich zurück. Lieber erwähnt man, wie sehr die Wissenschaft und die Forschung im Zentrum stehen am 31. Jänner. Mit fleischfressenden Pflanzen als Tischschmuck und TU-Professoren, die Ballgästen das Einmaleins der Wahrscheinlichkeitsrechnung am Roulette-Tisch näherbringen, soll die akademische Welt gehuldigt werden. Ein Lifeball der Nerds sozusagen.
Die größte Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum soll Wien sein und eine "internationale Drehscheibe" mit 42.000 ausländischen Studierenden, wird von Mailath-Pokorny und Alexander Van der Bellen, dem Universitätsbeauftragten der Stadt Wien, stolz verkündet. Ein Grund mehr, warum sich die Stadt als internationale Wissensmetropole mit einem Ball feiern möchte.
Dass es da hingegen wenig zu feiern gibt, zeigen die Statistiken Jahr für Jahr. Erst im Vorjahr präsentierte die Statistik Austria, dass nicht nur hochqualifizierte inländische Uni-Absolventen ins Ausland, sondern auch ausländische Studenten nach Beendigung ihrer Ausbildung in Österreich das Weite suchen. Derzeit sind rund ein Viertel der heimischen Studenten und sogar 38 Prozent der Studienanfänger Ausländer. Diese werden aber nicht gehalten: Weniger als 20 Prozent der ausländischen Absolventen beantragen nach Studienabschluss erneut eine Aufenthaltserlaubnis.
"Wenn man sich die Situation von internationalen Studierenden anschaut, gibt es in Wien eine Hürde nach der anderen", kritisiert Julia Freidl, Mitglied des Vorsitzteams der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). "Man muss beispielsweise hohe Summen auf dem Konto nachweisen, wenn man sich hier inskribieren will. Außerdem ist der Arbeitsmarktzugang ein Problem. Bachelorstudenten dürfen nur 10 Stunden, Masterstudenten maximal 20 Stunden arbeiten und haben keinen Zugang zu sozialen Leistungen."
Klare politische Statements gewünscht
Grundsätzlich steht Freidl dem Ball positiv gegenüber, würden sich die Studenten doch hier viel eher hier repräsentiert fühlen als durch den Akademikerball. Dennoch: "Wir sehen es schon ganz klar als Gegenveranstaltung zum Akademikerball und wir hätten uns klarere Statements dazu gewünscht", sagt Freidl.
220.000 Euro soll der Ball kosten, ein Drittel zahlt die Stadt Wien, der Rest wird von Ballorganisator Oliver Lehman, Obmann des Vereins "Wien Wissen", übernommen.
"Bälle sind für Wien ohne Frage wichtig, satte 75.000 Euro aus dem Steuertopf für die Kommunikation des offenbar als Kontrapunkt zum honorigen Akademikerball gesetzten ,Ball der Wissenschaften‘ finde ich gerade in Zeiten der Rekordverschuldung Wiens nicht gerechtfertigt" , sagt Johann Gudenus, Klubobmann der Wiener FPÖ, zur "Wiener Zeitung." Er wird am 31. Jänner nicht mittanzen.