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Es ist kein Geheimnis, dass der deutsche Sänger Xavier Naidoo Schattenseiten hat. Seine politischen Aussagen schrammen entlang der Grenzen demokratischen Denkens. Naidoo hat erklärt, Deutschland sei bis heute "besetztes" Land. 2014 irritierte er durch einen Auftritt vor deutschen "Reichsbürgern": Menschen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede stellen - teils aus rechtsextremen Motiven, teils aufgrund von Verschwörungstheorien. Nun lässt Naidoo wieder die Wogen hochgehen: Der Sänger hat mit seiner Kombo, den Söhnen Mannheims, das Lied "Marionetten" vorgelegt. Der Titel greift die Politiker pauschal an. Sie seien Diener ihrer "Puppenspieler", würden "Tatsachen verdrehen" und von manchen darum schon als "Hoch- beziehungsweise Volksverräter" bezeichnet. Aber "der wütende Bauer mit der Forke" könne schon dafür sorgen, "dass ihr einsichtig seid". Vorsichtig gesagt, ist das problematisch. In seiner diffusen Empörung spielt das Lied politischen Wirrköpfen in die Hände, auch vom rechten Rand.
Wie Jan Böhmermann darauf reagiert hat, kann man aber auch problematisch finden. Mit gewohntem Dampfhammer-Humor hat der deutsche TV-Moderator einen Beitrag verfertigt, in dem er die "Hurensöhne Mannheims" ihr neues Album "Death to Israel" präsentieren lässt, das dann mit Textzeilen wie "Der Jud ist schuldig" einhergeht. Es ist eine Sache, Naidoo als Obskuranten zu tadeln - eine andere, ihn dazu noch als Nazi und Chef eines Dumpfbackentrupps zu denunzieren. Grobheit macht Quote, das gilt heute leider rechts wie links. Was solche Knüppeleien verunmöglichen, ist ein differenzierter Diskurs.