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Linksfront am absteigenden Ast

Von Alexander U. Mathé

Analysen

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Der große Verlierer der französischen Wahlen ist Jean-Luc Mélenchon mit seiner Linksfront. Vor den Präsidentschaftswahlen gehypt, blieb er weit hinter den Erwartungen und dem anderen Ende des politischen Spektrums, der rechtsextremen Front National (FN), zurück. Bei den Parlamentswahlen hat der 61-Jährige hoch gepokert und hoch verloren; er trat gegen FN-Chefin Marine Le Pen in deren Stammwahlkreis an und schaffte es nicht einmal in die Stichwahl.

Eigentlich soll er Lust darauf gehabt haben, mit seiner Linkspartei die Sozialisten zu übernehmen, glauben Analysten. Daraus wird jetzt wohl nichts. François Hollande kann vorerst einmal durchatmen. Denn die Franzosen scheinen ihrem Präsidenten das geben zu wollen, worum er sie gebeten hat: "eine Mehrheit", mit der er regieren kann.

Zwar ist es noch knapp eine Woche hin bis zur Stichwahl, doch kaum jemand zweifelt, dass es eine linke Mehrheit geben wird, wahrscheinlich sogar eine absolute. Für Hollande von besonderer Bedeutung ist die gute Prognose für seine sozialistische Partei: Sie kratzt den Meinungsforschern zufolge selbst knapp an der Mehrheit, was ein Regieren aus eigener Kraft möglich machen würde.

Bedeutsam ist das deshalb, weil der Präsident in dem Moment in die Bredouille gerät, in dem er auf die Stimmen der Linksfront angewiesen ist. Nicht nur stemmt sich diese gegen jeglichen Kompromiss gegenüber Deutschland und dessen Sparpolitik. Das kommunistisch dominierte Wahlbündnis würde auch versuchen, Hollande seinen linksextremen Kurs so weit wie möglich aufzuzwingen. Ansonsten drohen Blockade und Proteste.

Gut ist da für Hollande, dass die Grünen trotz des schlechten Abschneidens ihrer Kandidatin Eva Joly bei den Präsidentschaftswahlen gut in Form sind und zum ersten Mal eine Fraktion stellen könnten. Die Sozialisten haben bereits ein Bündnis mit ihnen geschlossen und in mehr als 60 Wahlkreisen ihren eigenen Kandidaten zugunsten eines Grünen zurückgestellt. In etwa der Hälfte der Fälle dürfte dies den Grünen zum Sieg verhelfen.

Eine gemeinsame Regentschaft mit den - vergleichsweise anspruchslosen - Grünen ist für Hollande somit fast so gut wie eine Alleinherrschaft. Ganz abgesehen davon wird die Stabilität des aus Kommunisten, Trotzkisten und anderen Linken bestehenden Wahlbündnisses Linksfront ein wenig leiden, wenn sein Anführer nicht einmal im Parlament vertreten ist. Die Gefahr einer Aushebelung von Links ist für Hollande damit minimiert. Für den Präsidenten Grund genug zur Zuversicht.