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Linksopposition in Italien holte sich "Absolute"

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Schlechter hätten die Regionalwahlen vom Wochenende in Italien für die Regierungskoalition von Silvio Berlusconi gar nicht ausgehen können. Zwar hatte er schon vor dem Wahlgang in 13 der 20 Regionen mit Verlusten rechnen müssen, dass von den acht von Mitte-Rechts-Koalitionen regierten Regionen am Schluss für das Regierungslager aber nur mehr zwei übrig bleiben würden, hatten nicht einmal die größten Optimisten im Oppositionslager erwartet. Und was noch schlimmer für Berlusconi ist: Mit rund 53 Prozent hat die Mitte-Links-Opposition landesweit eine deutliche Absolute Mehrheit. Auf die Regierungsparteien entfielen bloß 44,2 Prozent.


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Reihenweise fielen am Montagabend die einstigen Hochburgen des Regierungslagers in die Hände der Opposition, nur die Lombardei und Venetien blieben der Mitte-Rechts-Koalition erhalten.

In Latium, wo der von der postfaschistischen Alleanza Nazionale gestellte Regionspräsident Francesco Storace im Vorfeld der Wahlen die Mussolini-Enkelin Alessandra von den Wahlen hatte ausschließen wollen, wird der Journalist Piero Marrazzo vom linken Oppositionsbündnis L'Unione neuer Präsident. Er erreichte auf Anhieb 50,7 Prozent der Stimmen, auf Storace entfielen 47,4 Prozent und auf Mussolini magere 1,9 Prozent.

In Piemont stellt ebenfalls L'Unione mit Mercedes Bresso die neue Regionalpräsidentin. 50,9 Prozent entfielen auf sie, nur 47,1 Prozent auf den bisherigen Präsidenten Enzo Ghigo, der ebenso abgewählt wurde wie sein Parteikollege Sandro Biasotti in Ligurien, der bloß 46,6 Prozent bekam, gegenüber 52,6 für seinen Herausforderer Claudio Burlando. Noch deutlicher fielen die Siege der Linksopposition in den früher von der Berlusconi-Koalition regierten Regionen Abruzzen und Kalabrien aus. Ottaviano del Turco löst mit 56,5 Prozent Stimmenanteil den bisherigen Regionalpräsidenten Giovanni Pace (42,2 Prozent) ab. In Kalabrien kam Linkskandidat Agazio Loiero sogar auf 59 Prozent. Den knappsten Sieg feierte L'Unione-Kandidat Nichi Vendola, bekennender Schwuler und Kommunist, in Apulien mit 49,84 Prozent vor den bisherigen Regionspräsidenten Raffaele Fitto, der auf 49,24 Prozent kam.

Bestätigt wurden nur die aus dem Regierungslager kommenden Regionalpräsidenten der Lombardei und Venetiens, Roberto Formigoni und Giancarlo Galan mit 53,4 und 50,5 Prozent.

Mit überwältigenden Mehrheiten siegten die Oppositionskandidaten dort, wo sie schon bisher die Mehrheit stellten. Mit 63 Prozent wurde in Umbrien Regionalpräsidentin Maria Rita Lorenzetti wiedergewählt, 61,3 Prozent entfielen in Kampanien auf Antonio Bassolino, 62,7 Prozent im der Emilia Romagna auf Vasco Errani, 57,7 Prozent in den Marken auf den erstmals antretenden Gian Mario Spacca und 57,4 Prozent in der Toskana auf den bisherigen Regionalchef Claudio Martini.

Die Pleiten setzten sich für die Regierungsparteien auch bei den gleichzeitig abgehaltenen Kommunalwahlen fort. In Venedig, der größten Stadt, in der gewählt wurde, kam der Kandidat von Berlusconis Forza Italia, Cesare Campo, nicht einmal in die Stichwahl, in der die Entscheidung zwischen dem rot-grünen Kandidaten Felice Casson und dem früheren Ulivo-Bürgermeister, dem Philosophen Massimo Cacciari fallen wird, der diesmal für das christdemokratische Oppositionsbündnis Margherita antrat.

Oppositionschef Romano Prodi freute sich: "Italien ist für einen Regierungswechsel reif". Silvio Berlusconi vermied in der Wahlnacht die Nähe von TV-Kameras. Sein Vize Gianfranco Fini zeigte sich besorgt - mit Grund, stehen doch im kommenden Jahr Parlamentswahlen an.