Funes setzt sich gegen Kandidaten der Rechten durch. | Ex-CNN-Journalist: Soziale Reformen ja, Sozialismus nein. | São Paulo. Nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen wird in El Salvador erstmals die Linkspartei FMLN den künftigen Präsidenten stellen. Mit 51,3 Prozent setzte sich der ehemalige Fernsehjournalist Mauricio Funes gegen seinen Konkurrenten Rodrigo Ávila von der rechtsgerichteten Arena-Partei (49 Prozent) durch. 17 Jahre nach Ende des blutigen Bürgerkrieges werden somit erstmals die Ex-Rebellen das Staatsoberhaupt in dem 4,3 Millionen Einwohner zählenden mittelamerikanischen Land stellen.
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"Freundinnen und Freunde, das ist die schönste Nacht in meinen Leben", rief Funes nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses seinen Anhängern in San Salvador zu. "Es ist die Nacht der Hoffnung für El Salvador", fügte der 49-Jährige unter dem Jubel seiner Unterstützer hinzu.
Mit El Salvador setzt sich der Linksruck in Lateinamerika fort. Doch Funes übernimmt ein zutiefst zerrüttetes Land. Die weltweite Finanzkrise hat die Wirtschaft von El Salvador schwer getroffen, das wie kaum ein zweites Land am Tropf der USA hängt. Rund ein Drittel der Bewohner leben in den Vereinigten Staaten. Mit den US-Dollars, die sie nach Hause schicken, halten sie ihre Familien über Wasser. Die Auslandsüberweisungen machen inzwischen 18 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Auch das Trauma des Bürgerkrieges ist in El Salvador, bei dem 75.000 Menschen starben, immer noch gegenwärtig - und Gewalt an der Tagesordnung. In kaum einem anderen lateinamerikanischen Land ist die Mordrate mit 67 Toten auf 100.000 Einwohner so hoch wie in El Salvador.
Moderater Neuanfang
Funes, der dem gemäßigten Flügel der FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) angehört, will weder den Sozialismus einführen, noch das existierende Wirtschaftsmodell verändern. Vielmehr will er das Land versöhnen und sucht dafür das Gespräch mit allen Bevölkerungsgruppen. Seine politische Nähe sieht er eher beim gemäßigten brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva als beim venezolanischen Linkspopulisten Hugo Chávez. Ähnlich wie in Brasilien will er mit einem umfangreichen Sozialprogramm die Armut bekämpfen und bei den Unternehmern des Landes um Vertrauen werben. Auch familiär ist Funes mit dem größten Land Lateinamerikas verbunden: Seine Frau ist Brasilianerin und arbeitet für die Arbeiterpartei Lula da Silvas. Den Slogan seiner Wahlkampagne "Sí podemos" hat Funes allerdings bei seinem amerikanischen Vorbild Barack Obama "Yes, we can" entlehnt.
Auf dem neuen Präsidenten Funes lasten hohe Erwartungen. Die rechte Arena-Partei (National-Republikanische Allianz) gilt als abgewirtschaftet, die weder Gewalt noch Korruption in den Griff bekommen hat. Funes, der unter anderem als Journalist für CNN arbeitete, ist erst vor einem halben Jahr der FMLN beigetreten und hat damit keine revolutionäre Vergangenheit. Der politische Quereinsteiger gilt als unbelastet und könnte somit für einen Neuanfang stehen.