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Linsengericht: Cleopipifax

Von István Orbán

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Pardon für das Lehnwort aus der norddeutschen Umgangssprache im Titel, aber · mein Gott, was für einen Schmonzes hat uns der ORF da beschert! "Cleopatra" heißt der Schmachtfetzen, mit dem am

Sonntag und Montag der Hauptabend von ORF gleich im Doppelpack zugekleistert wurde. "Mega-Produktion" hieß es da, der teuerste Film im US-Fernsehen, konnte man erfahren, dazu jede Menge Superlative

an Mensch und Material. Und als Kleopatra-Darstellerin die angeblich schönste Frau der Welt. Promotion ist bekanntlich laut und Papier geduldig.

Und dann: Es kreißte der Berg mit immensem Getöse und gebar den Schatten von etwas Mausähnlichem. Cäsar eine wie mit Stroh ausgestopfte Puppe ohne Mimik (aber Timothy Dalton ist auch sonst nicht

aufgefallen). Brutus ein dröger Finsterling. Marcus Antonius ein ewig schelmisch lächelnder Haudrauf. Octavian (sollte wohl cool wirken) ein schwuchteliger Weichi. Und Kleopatra keine Herrscherin,

nur ein unbeherrschtes, zickiges Mädchen. Dazu unzählige Entgleisungen der optischen, historischen, kunsthistorischen oder auch verbalen Art (Eure Majestät, verrate dein Land nicht!). · Immerhin,

einiges zu lachen.

Zum Trost habe ich dann (am Montag auf Arte) "Die Teufel" gesehen, einen vor Kraft fast explodierenden, wüst-genialen Film aus 1970 von Ken Russel nach dem Buch "Die Teufel von Loudun" von Aldous

Huxley. Mit Oliver Reed, Vanessa Redgrave und einer ganzen Garde hervorragender Schauspieler. · Es lebe der ganz große Unterschied!