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Linsengericht: Fin de Siècle in Serie

Von Hermann Schlösser

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Zu den Freuden des Fernsehalltags gehören unbedingt die Retrospektiven des Kulturkanals 3sat, in denen große Dramatiker vorgestellt werden. Erst Brecht, dann Goethe und jetzt Arthur Schnitzler.

"Zeit für Schnitzler" · wer diesen 3sat-Rat befolgte, konnte z. B. schon "Das weite Land" in der Aufführung des Wiener Akademietheaters von 1961 bestaunen: So volkstümlich komödiantisch wurden die

Tragikomödien Schnitzlers später nicht mehr aufgeführt. Dass freilich das melancholische, hoch stilisierte Schnitzler-Spiel unserer Tage auch seine Schönheiten hat, stellte einige Wochen später

Andrea Breths Berliner Inszenierung des "einsamen Wegs" unter Beweis.

Doch werden nicht nur Theateraufführungen gezeigt, sondern auch Filmadaptionen Schnitzlerscher Werke. Vorgestern z. B. war das Fernsehspiel "Abschiede" an der Reihe: Diese ORF-Produktion aus dem Jahr

1986 basiert zum einen Teil auf einer unglücklichen Dreiecksgeschichte Schnitzlers, zum anderen auf einer aktuellen Parallelhandlung, die Barbara Frischmuth verfasst hat: Bruder und Schwester geraten

in Inzestnähe, während sie das gemeinsame Elternhaus entrümpeln.

Das alles war nicht unrecht, doch merkte man der 14 Jahre alten Modernisierung ihr Alter nur zu deutlich an. Im Vergleich dazu halten sich die Originalstücke Schnitzlers bemerkenswert frisch. Aber

vielleicht haben Dramen einfach ein anderes Ablaufdatum als Fernsehspiele.