Wien wächst noch rascher als erwartet - gemeinnützige Wohnbauträger schlagen Alarm. Viele Regeln verteuern Neubau.
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Wien. Bis 2023 soll Wien um zirka 192.000 Einwohner wachsen, errechnedte Statistik Austria. Damit wird die 2-Millionen-Grenze in der Bundeshauptstadt um vier Jahre früher erreicht als bisher erwartet. Im Klartext bedeutet das, dass Wien in den kommenden acht Jahren eine Stadt von der Größe Linz‘ zusätzlich errichten wird müssen.
Die gemeinnützigen Wohnbauträger schlugen daher gestern Alarm, da die städteplanerischen Bemühungen und die Wohnbauleistung von Wien deutlich intensiviert werden müssen. Dem Vernehmen nach wurden im laufenden Jahr nur etwas mehr als 3000 Wohnungen neu errichtet, da immer mehr Mittel der Wohnbauförderung in die (thermische) Sanierung bestehender Wohngebäude fließen.
Regeln für Wohnbauförderung verteuert Neubauten
Zwar hat die rot-grüne Koalition nun vereinbart, jährlich 10.000 Wohnungen zu errichten, doch die Wohnbaugesellschaften orten etliche Defizite. So wollen sie, dass die vorhandenen Baulandreserven rascher aktiviert werden und die Genehmigungen beschleunigt werden. Bei beidem ist die Gemeinde Wien gefordert.
Die recht ausgeprägte Nutzung von Nachbarrechten und naturschutzrechtliche Bedenken würden Bauvorhaben nicht nur verzögern, sondern erheblich verteuern.
Zwar verfügt die Gemeinde Wien selbst über erhebliche strategische Liegenschaftsschaftsreserven, doch die werden immer noch zögerlich verwendet. So hat zwar das Rathaus 2014 beschlossen, die vorhandenen Liegenschaften in den diversen Wiener Erscheinungsformen zu bündeln, aber passiert ist da wenig. So verfügt der Wiener Wohnfonds über zwei Millionen Quadratmeter Fläche, dazu kommen Liegenschaften des KAV (Spitäler), des Wien-Kanal, Wiener Wohnen, Wien Holding GmbH. und andere.
Am Markt hat sich die strategische Nutzung dieser Reserven noch nicht durchgesprochen, ist aus Wohnbaugesellschaften zu hören.
Daneben gibt es beim geförderten Wohnbau noch ein paar Bestimmungen, die preistreibend wirken. Das ist übrigens auch in den anderen acht Bundesländern so. Denn neben den Bauordnungen gibt es noch darüber hinaus gehende Bestimmungen, die für die Gewährung der Wohnbauförderung entscheidend sind. In Wien etwa schreibt die Förderung vor, Holz-Alu-Fenster einzubauen, die viel teurer sind als Kunststofffenster. In einem mehrgeschoßigen Wohnbau geht das ins Geld - und in die Miete.
Sinkende Realeinkommen, doch deutlich höhere Mieten
"Einfachere Standards würden helfen, die Mieten leistbarer zu machen", ist aus den Wohnbaugesellschaften zu hören, die gestern ihre Resolution veröffentlichten.
Der größte Miet-Preistreiber sind aber natürlich die eklatant gestiegenen Grundpreise. Hier hat die öffentliche Hand ein anderes Problem. Selbst wenn sie Liegenschaftsbesitz günstig in einem Bauträger-Wettbewerb anbietet, so sind in Wien kapazitätsmäßig nicht mehr als acht bis neun solcher Projekte möglich (wie etwa am Nordbahnhof).
Der Aufschrei der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften jedenfalls resultiert aus einer Spirale, die sich seit Jahren dreht: Der globale Wettbewerb führte in den vergangenen 15 Jahren zu sinkenden Realeinkommen. die Mieten dagegen stiegen seit Ausbruch der Krise 2008 rasant.
Immer mehr Menschen sind nicht mehr in der Lage, die Mieten zu bezahlen - das erhöht wiederum die sogenannte Subjet-Förderung im Wohnbau. Die öffentliche hand pumpt also Geld in den Wohnbau, und muss trotzdem immer mehr unterstützen, sich diese Wohnungen auch leisten zu können. "Nur ein deutlich höheres Wohn-Angebot kann dem gegensteuern", heißt es in den Wohnbaugesellschaften.
Die Reaktion der Politik, die erst vorige Woche eine Wohnbauoffensive startete, auf die Resolution der gemeinnützigen ‚Wohnbaugesellschaften war übrigens bei Null.