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Linz’ verkümmerte Verbindung

Von Matthias Nagl

Politik
Am Abend erstrahlt die Eisenbahnbrücke in Linz, tatsächlich ist sie so baufällig, dass ihre Zukunft noch völlig unsicher ist.
© Wikimedia/Josef Falkner

Einer von drei Verbindungen über die Donau droht in Linz die Schließung.


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Linz. Sie hat vieles kommen und gehen gesehen, zwei Weltkriege und zahlreiche Hochwasser überstanden. 114 Jahre, nachdem sie ihren Dienst angetreten hat, sorgt die Linzer Eisenbahnbrücke aufgrund lebensverlängernder Maßnahmen aber noch einmal für Aufregung in Oberösterreich. Als sie im November 1900 eröffnet wurde, war Franz Joseph noch Kaiser von Österreich und Urfahr, der nunmehrige Linzer Stadtteil im Norden der Brücke, noch eine eigene Stadt.

Vor zwei Wochen kündigten die ÖBB nun an, die Erhaltungsarbeiten an der altersschwachen Brücke einzustellen, was der Diskussion über die Nachfolgelösung für die Eisenbahnbrücke Tempo verlieh. Momentan ist die Brücke bis 20. Dezember tagsüber gesperrt, das Tragwerk wird wieder einmal renoviert. Dabei ist der Name des Bauwerks irreführend.

Zwar fahren auch Züge über die Brücke, das aber nur wenige Male pro Woche. Bedeutender ist die älteste der drei Linzer Donaubrücken für den Autoverkehr. Rund 20.000 Fahrzeuge queren hier täglich die Donau, darunter zwei stark frequentierte städtische Buslinien. Das macht die Brücke vor allem für die Anbindung des Mühlviertels an die Landeshauptstadt wichtig. Die Bahnverbindung über die Brücke verbindet die Mühlkreisbahn mit der Westbahn.

ÖBB will sich Kosten sparen

Damit wird es aber bald vorbei sein. Nach der Ankündigung der ÖBB dürfen ab März keine Züge mehr über die Brücke fahren, ab Sommer wird der Busverkehr gesperrt, in weiterer Folge droht auch das Aus für Pkw. Schon jetzt gilt aus Sicherheitsgründen ein Tempolimit von 30 Stundenkilometer. Das sorgt in der Stadtpolitik nun für helle Aufregung und Zeitdruck, denn über die Zukunft der Brücke wird an sich schon länger diskutiert.

Prinzipiell haben sich die Stadtparteien schon auf einen Neubau geeinigt, dessen Planung soll aber erst im Jänner beginnen. Durch die Ankündigung der ÖBB droht ein mehrjähriger brückenloser Zustand. Die ÖBB wollen sich vor allem die Kosten der Erhaltungsmaßnahmen, rund 500.000 Euro jährlich, sparen. Es gehöre nicht zur Kernkompetenz des Unternehmens, innerstädtische Straßenbrücken zu erhalten, heißt es bei den ÖBB. Stadt und Land könnten die Brücke aber jederzeit übernehmen.

Das gestaltet sich aber schwieriger als gedacht. Denn auch über die Finanzierung einer neuen Brücke streiten Linz und das Land Oberösterreich schon. Eine Kostenschätzung aus dem Jahr 2011 beziffert einen Neubau mit 60 Millionen Euro. Doch auch für eine Übergangslösung werden sich Stadt und Land einigen müssen. Die zuständige Vizebürgermeisterin Karin Hörzing (SPÖ) verweist in ihren Forderungen gegenüber dem Land auf die vielen Pendler, die die Brücke benutzen.

Die Linzer ÖVP möchte auch die ÖBB an den Erhaltungskosten beteiligen. "Sie haben eine wichtige Verkehrsverbindung verkommen lassen und damit auch ein Denkmal zerstört", sagt ÖVP-Klubobfrau Elisabeth Manhal. Tatsächlich hat erst die Aufhebung des Denkmalschutzes im September das Einstellen der Erhaltungsarbeiten ermöglicht. Das Bundesdenkmalamt kam zum Schluss, dass eine Komplettsanierung zu teuer und kompliziert wäre.

Kein Masterplan

Im Büro von Vizebürgermeisterin Hörzing setzt man darauf, dass die Lebensdauer der Brücke mit den aktuellen Arbeiten noch einmal entscheidend verlängert wird. "Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie länger befahrbar bleibt", sagt ein Sprecher zur "Wiener Zeitung". Im Zuge eines Neubaus werde sich eine längere Sperre aber jedenfalls nicht vermeiden lassen.

Dabei spielt die Eisenbahnbrücke auch eine entscheidende Rolle im zukünftigen Verkehrskonzept. Das scheint den Verantwortlichen aber erst langsam zu dämmern. Im Sommer wurde von Stadt und Land die "Interessensgemeinschaft Mobilität Großraum Linz" vorgestellt. Damals war von der Eisenbahnbrücke keine Rede.

Dabei hängt mit der Brücke auch das Schicksal der Mühlkreisbahn zusammen, die das Land nach Auslaufen des Betriebsvertrags im Jahr 2017 übernehmen könnte. Über die neue Brücke ist auch ein Straßenbahnast geplant, der die Mühlkreisbahn mit dem Netz der öffentlichen Linz AG Linien verbinden könnte. Das ist aber alles Zukunftsmusik, aktuell erwartet Linz ein Rückschritt in der Infrastruktur. Dafür verantwortlich will niemand sein. Erklärt wird es mit der komplexen Realität.

Der Denkmalschutz - die genietete Eisenkonstruktion macht die Brücke außergewöhnlich - verhinderte einen Abriss, die Planungen von Stadt und Land liefen lange Zeit nicht auf Hochtouren, schließlich handelt es sich um Eigentum der ÖBB. Die Leidtragenden werden schließlich die Linzer sein.