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Lira-Rettung kann die Türkei viel kosten

Wirtschaft

Maßnahmen, die den Sinkflug der Landeswährung stoppen sollen, zeigen Wirkung.


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Den Erfolg verkündete Recep Tayyip Erdogan gern. Nach der Bekanntgabe eines Maßnahmenpakets, das nicht zuletzt den Sinkflug der Landeswährung Lira stoppen soll, sprach der türkische Präsident prompt vom Erreichen des Ziels. Tatsächlich hat die Lira am Mittwoch die Kursgewinne der vorangegangenen beiden Tage verteidigt, was ihre historische Talfahrt fürs erste unterbrach.

Die Maßnahmen würden greifen, befand Erdogan daher vor Abgeordneten der Regierungspartei AKP. "Die Türkei wird als Sieger aus dieser ökonomischen Schlacht hervorgehen", fügte er hinzu.

Diese spielt sich schon seit längerem ab. Die Währungskrise ist mit einer steigenden Inflationsrate verbunden, die im November sprunghaft auf mehr als 21 Prozent gewachsen war. Im kommenden Jahr dürfte die Geldentwertung nach Prognosen von Ökonomen sogar 30 Prozent erreichen. Das geht vor allem auf den Verfall der Lira zurück, die heuer mehr als die Hälfte ihres Wertes zum Dollar eingebüßt hat. Dadurch werden Importe - etwa von Öl und Medikamenten - teurer, weil diese zumeist in Devisen wie Dollar oder Euro bezahlt werden müssen. Auch übt Erdogan Druck auf die Notenbank aus, um die Zinsen weiter zu senken.

Staatsgarantie gegen Wechselkursrisiken

Um eine weitere Dollarisierung der Wirtschaft zu verhindern, schnürte das Kabinett in Ankara ein Paket, das Erdogan am Montag ankündigte. Unter anderem soll zum Schutz der Sparer künftig die Differenz zwischen Lira-Anlagen und vergleichbaren Dollar-Anlagen aus der Staatskasse beglichen werden. So sollen die Ersparnisse der Bürger mit einer faktischen Staatsgarantie gegen Verluste aus Wechselkursschwankungen abgesichert werden. Gegen deren Risiken will die Regierung auch Exportunternehmen abschirmen.

Außerdem will die Türkei gerichtlich gegen spekulative Marktkommentare in sozialen Medien vorgehen. "Wir werden niemals einen solchen Verrat erlauben", sagte Finanzminister Nureddin Nebati in einem Interview mit dem staatlichen Sender TRT Haber am Dienstag. Das Kabinett peile eine Inflation im prozentual einstelligen Bereich, ein deutliches Wirtschaftswachstum sowie einen Leistungsbilanzüberschuss an.

Einige Analysten zweifeln aber, dass die verkündeten Maßnahmen an den grundlegenden Problemen der Türkei, zu denen eine hohe Inflation bei fallenden Zinsen gehört, viel ändern. Denn das Paket nimmt nun zwar dem Privatsektor die Wechselkursrisiken, bürdet diese aber im Gegenzug dem Staat auf. Im Extremfall könnte es für das Land also sehr teuer werden. (reu)