Stimmungswandel angesichts der Wirtschaftskrise. | Angst vor Anti-EU-Kampagnen weiterhin vorhanden. | Brüssel/Dublin. In Irland stabilisiert sich offenbar die Zustimmung zum Lissabonner Reformvertrag, der die Entscheidungen in der EU mit 27 oder mehr Mitgliedsstaaten effizienter machen soll. Laut einer Umfrage der "Irish Times" würden derzeit 51 Prozent das Ja ankreuzen und nur 33 Prozent das Nein. Das ist bereits die zweite positive Umfrage und eine Steigerung der Pro-Voten um acht Prozent gegenüber November. Schon werde in Dublin daher überlegt, das neuerliche Referendum über den Lissabonner Vertrag vorzuziehen, hieß es in Diplomatenkreisen.
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Bisher war eine Wiederholung der letzten Juli glatt gescheiterten Abstimmung nicht vor Oktober 2009 erwartet worden. Jetzt sei ein Termin vor dem Sommer im Gespräch - möglicherweise gleichzeitig mit den Europawahlen Anfang Juni.
Doch die Entscheidung ist heikel, die zweite Abstimmung in Irland die letzte Chance für den Reformvertrag. Bei einer früheren Abstimmung könnte die positive Stimmungsentwicklung gegenüber der EU in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise ausgenützt werden. Auch wenn die Iren den Vergleich nicht gerne hören, haben sie den kompletten Zusammenbruch des einst reichen Nicht-EU-Mitglieds Island vor Augen.
Gegner formieren sich
Andererseits droht die Zusammenlegung des Referendums mit den EU-Wahlen neuerlich eine Abrechnung mit der wenig beliebten irischen Regierung unter Premier Brian Cowen zu werden. Den EU-Skeptikern in zahlreichen Mitgliedsstaaten könnte das gemeinsame Datum ebenfalls in die Hände spielen - der Lissabonner Vertrag gilt als ideales Feindbild für ihre Wahlkampfslogans. Schon einmal hat der irische Millionär Declan Ganley die Stimmung im Land trotz positiver Umfragen mit Appellen an die Angst zu drehen gewusst. Seine Partei Libertas betreibt bereits Büros in Polen und Tschechien. Dort ist auch Präsident Vaclav Klaus höchstpersöhnlich ein Gegner des Lissabonner Vertrags. Er sympathisiert offen mit der gerade erst aus der Taufe gehobenen rechtsliberalen Partei der Freien Bürger (SSO), die die EU im Allgemeinen und den Reformvertrag im Besonderen höchst kritisch sieht.
Der wurde inzwischen in 25 Ländern von den Parlamenten ratifiziert. Im Prager Parlament werden die Beratungen laufend verschoben. Polens Präsident Lech Kaczynskis Unterschrift fehlt ebenfalls noch, er will erst nach dem irischen Referendum unterschreiben. Keine Ablehnung des neuen EU-Vertrags wird auch vom deutschen Bundesverfassungsgericht erwartet.