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Lissaboner Vertrag ändert sich nicht

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU sucht Lockmittel für Irland: Kommissar, Erklärungen und Protokolle. | Brüssel. Abwarten bis Oktober: Erst dann wollen die EU-Staats- und Regierungschefs wieder öffentlich über die Rettung des Lissabonner Vertrags für eine Reform der EU sprechen. Nach dem Nein der Iren sollen sich die Wogen zunächst ein wenig glätten. Doch hinter den Kulissen werden schon jetzt fieberhaft Möglichkeiten ausgelotet, wie bei einer zweiten Abstimmung auf der grünen Insel - möglichst im Frühjahr 2009 - ein positives Ergebnis erzielt werden könnte. Denn ein zweites Nein wäre nach Meinung von Diplomaten tatsächlich der letzte Sargnagel für den Vertrag.


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Einig sind sich Experten nur in zwei Dingen: Ohne Zustimmung der Iren kann das Dokument nicht in Kraft treten. Und der mühsam geschnürte Kompromisstext kann auch nicht in Teilen noch einmal neu verhandelt werden. Denn nach mehr als sechs Jahren nervenaufreibenden Feilschens und dem Scheitern der Erstversion Verfassungsvertrag scheinen alle Tarierungsmöglichkeiten ausgereizt. "Wenn wir nur an einer Stellschraube drehen, gerät der gesamte Text wieder aus dem Gleichgewicht", sagte ein Diplomat. Angestrebt werden daher Lockmittel für Irland unter der Ratifizierungsschwelle. Keinesfalls sollen jene Länder, die wie Österreich bereits ratifiziert haben, die Prozedur wiederholen müssen.

Angst um Neutralität

Grundsätzlich müsse den Ängsten und Sorgen der Iren, die zur Ablehnung des Vertrags geführt haben, Rechnung getragen werden, hieß es. So könnte Irland bis auf weiteres ein eigener EU-Kommissar garantiert werden. Zwar sieht Lissabon die Reduzierung der Anzahl der Kommissionsmitglieder ab 2014 auf zwei Drittel der Zahl der Mitgliedsstaaten und ein noch nicht näher spezifiziertes Rotationssystem vor.

Eine Klausel erlaubt es den Staats- und Regierungschefs aber, diese Bestimmung per einstimmigen Beschluss aufzuheben und weiterhin jedem EU-Land einen Kommissar zuzugestehen. Das könnte Irland für die Zeit unmittelbar nach Inkrafttreten des neuen Vertrags zugesichert werden. Ohne Lissabonner Vertrag müsste die Kommission laut dem geltenden Vertrag von Nizza bereits 2009 reduziert werden.

Darüber hinaus könnte es eine Reihe von Erklärungen von Seiten der EU und/oder der irischen Regierung geben, welche der Bevölkerung noch einmal klipp und klar die Rechte des Landes darlegen, die es ohnehin

bereits hat und die sich durch den neuen Vertrag nicht ändern: Vetorecht bei Steuer- und Verteidigungspolitik bleibt wie die Neutralität unangetastet; Abtreibungen, harte Drogen und Sterbehilfe dürfen verboten bleiben. Damit könnten die Schreckgespenster der Nein-Kampagne verscheucht werden.

Schutz für Steuer

Stärker und rechtlich verbindlich wären formelle Protokolle, die Irland Rechte zusichern. Die einzige politische Partei auf der Insel gegen den Reformvertrag, die nationalistische Sinn Fein, forderte etwa Protokolle zur Einzementierung der irischen Neutralität und Steuerhoheit. Zweitere soll vor allem die günstige Körperschaftssteuer schützen, die Irland für Investoren attraktiv macht.

Inhaltlich wohl kein Problem, aber das Prozedere ist komplizierter. Die EU-Staaten müssten erneut die Protokolle ratifizieren, nicht aber den Vertragstext an sich. Damit dürfte Österreich auch an einer Volksabstimmung vorbeischrammen: Die Bestätigung der irischen Neutralität wäre kaum ein Anlass, die Österreicher zu befragen.