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"Little Persia" schäumt nach Trump-Dekret

Von Arian Faal

Politik

Mehr als zwei Millionen iranische Einwanderer in den USA sind betroffen und hoffen auf eine Aufhebung.


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Los Angeles/New York/Wien. "Alles war gut, alles. Ein ruhiges Leben mit der Familie, zur Arbeit gehen, Freunde treffen und so weiter. Doch dann kamen der
27. Jänner und das Dekret, und es wurde anders", sagt Sanaz B. Die 22-jährige Jus-Studentin ist eine von hundertausenden ausgereisten Persern in Amerika, die sich vor allem in Kalifornien, in Texas, Washington, Houston und im Großraum New York aufhalten und dort seit Beginn der Islamischen Revolution 1979 im Iran jeweils ein "Little Persia" etabliert haben. In Los Angeles ist dieser Terminus so gut etabliert, dass ihn sogar Google Map verwendet.

Sehr gut gebildet, integriert und zumeist vier- und mehrsprachig. Die persische US-Community geht erhobenen Hauptes durchs Leben. In den wichtigsten Universitäten, Krankenhäusern, Großkonzernen und sogar im Weißen Haus wimmelt es von iranischstämmigen Menschen in Top-Positionen. Vom umstrittenen Dekret von US-Präsident Donald Trump, das einen US-Einreisestopp für Bürger aus sieben Ländern, darunter eben den Iran, vorsieht, ist Sanaz’ Familie direkt betroffen. Ihre Eltern sind im Iran und wissen nicht, ob und wann sie ihre Tochter wieder sehen können. Auch wenn es an diesem kalten Dienstagvormittag noch sehr früh ist in New York, um ihre Meinung über Trump kundzutun, ist sie gerne bereit, mit Wien zu telefonieren.

"Ihm ist alles zuzutrauen"

"Wir machen uns Sorgen um unsere Familien und Freunde, die Green Cards haben und derzeit nicht in den USA sind. Um jene, die europäische und iranische Pässe haben und uns im Sommer besuchen wollten und auch um unsere persischen Verwandten im Iran", sagt sie mit wütender Stimme. "Dieser Mann ist nicht normal. Heute das Einreiseverbot, morgen die Annullierung des Atomdeals und übermorgen drückt er aufs Knopferl und good night", sinniert sie. Nachsatz: "Ich weiß, das war extrem, aber jemandem, der um zwei Uhr morgens etwas twittert und am nächsten Tag das Gegenteil sagt oder nicht einmal sein engstes diplomatisches Umfeld in staatstragende Entscheidungen einbindet, dem ist alles zuzutrauen."

Unweit des Trump-Towers in Manhattan wimmelt es von persischen Geschäften: Restaurants, Friseure, Supermärkte. Das "Persepolis"-Restaurant in der 2nd Avenue ist eine der angesagtesten Adressen der Stadt für Safran-Reis und Junghuhn in Limettensauce. Zu Musik der in Los Angeles lebenden persischen Popsängerin Homeyra wird auch hier über Trump diskutiert. "Der Beschluss ist so hirnrissig und sinnlos. Schutz vor Terroristen? Und Saudi-Arabien und die Emirate sind nicht auf der Liste? Dass ich nicht lache", sagt Siamak R., ein Restaurant-Gast im Telefonat mit der "Wiener Zeitung". Er betreibt in New York einen Immobilienhandel und kann das Dekret nicht nachvollziehen. "Sind wir jetzt alle Terroristen? Das wird, ganz gleich ob es nun aufgehoben wird oder nicht, nachhaltige Folgen haben. Für viele Familien aus den sieben Ländern, die absolut unschuldig sind und nie etwas Unrechtes getan haben. Und warum? Weil eine Laune des Herrn Trump, ach ich sage lieber nichts", ergänzt er.

Andere Restaurantbesucher im Hintergrund rufen in Farsi dazwischen. "Sag dem Journalisten, dass Trump damit nie durchkommt. Am Ende bekommt er ein impeachment (Amtsenthebungsverfahren, Anm.)", ruft ein Mann.

Mehrere tausend Kilometer weiter an der Westküste ist das schlagende Herz der Auslandsperser zu finden. In Kalifornien, vor allem im Ballungsraum Los Angeles, leben mehr als 800.000 iranischstämmige Menschen. In "Teherangeles", wie Los Angeles genannt wird, ist man genauso empört wie in New York "Wir sind keine Mörder und wir sind keine schlechten Menschen", sagt eine 68-jährige alte Dame, die seit 38 Jahren in Irvine lebt. "Genau wegen solchen Dingen haben wir den Iran damals verlassen und jetzt geht das wieder von vorn los", sagt sie. Die Dame aus Isfahan ist wie viele ihrer Landsleute in Orange County und im San Fernando Valley angesiedelt, die jüdischen Perser konzentrieren sich eher auf die Nobelbezirke Westwood und Beverly Hills in LA.

Einer von ihnen ist Ghassem G. Er sieht weitreichende Folgen des Dekrets: "Trump hat sich ins eigene Fleisch geschnitten, denn er versteht das nicht. Wir sind zuerst Amerikaner und dann Perser und bringen dem Land so viele wertvolle Ressourcen und Vorteile", spöttelt er. Auch er ist davon überzeugt, dass Trump am Ende des Tages ganz einfach scheitern wird.