In Österreich gibt es ein Zwei-Klassen-System für Lobbyisten. | Bestechung von Abgeordneten ist in Österreich nicht strafbar. | Wien. Die Lobbying-Affäre um Ernst Strasser in seiner Tätigkeit als EU-Parlamentarier heizt auch die Debatte um politische Einflussnahme in Österreich wieder an. Der österreichische Lobbyismus stellt ein Spezifikum dar. Denn im Nationalrat sitzen 43 Vertreter von Branchen und der Sozialpartner - Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer. Sie verstehen sich aber nicht als Lobbyisten, sondern als Interessenvertreter, sagt Peter Köppl von der Agentur Kovar & Köppl Public Affairs Consulting zur "Wiener Zeitung".
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Für diese sei die Sozialpartnerschaft gut, alles andere - NGOs, Firmen, Rechtsanwälte, Berater - werde als negatives Lobbying betrachtet. "Wir können in Österreich von einem Zwei-Klassen-System sprechen", sagt Köppel.
"Das Wichtigste ist Transparenz", sagt SPÖ-Abgeordneter Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus. Es müsse klar sein, wofür ein Abgeordneter außerhalb des Hohen Hauses tätig ist. Jeder wisse, dass er Gewerkschafter sei und als solcher auch die Interessen der Arbeitnehmer vertrete.
Abstimmung gegeneigene Interessen
Ein Beispiel dafür, dass Abgeordnete nicht immer entsprechend den Intentionen als Interessenvertreter abstimmen, ist etwa Fritz Neugebauer, Vorsitzender der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Er hat für das Budgetgesetz gestimmt. Als Gewerkschafter hat er aber eine Verfassungsklage wegen Änderungen im Pensionssystem (Hacklerregelung ab 62 und Erhöhung der Abschläge für die Korridor-Pension bei den Beamten) angekündigt. Neugebauer hat dazu noch keine Klage eingebracht, aber die Kärntner Landesregierung hat in ihrer VfGH-Klage gegen Passagen des Budgetgesetzes die Punkte Neugebauers mitberücksichtigt.
Auf EU-Ebene versuchen geschätzte 15.000 Lobbyisten für Unternehmen, Organisationen oder Verbände Gesetze oder Entscheidungen in die gewünschte Richtung zu bringen. EU-Kommission und Europaparlament verhandeln derzeit die Einrichtung eines gemeinsamen Registers (derzeit gibt es zwei freiwillige, um Kontaktaufnahmen zu dokumentieren) - und auch einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter.
Grundsätzlich sehe jeder Lobbying-Kodex eine Unvereinbarkeit von Lobbying-Tätigkeit mit politischer Tätigkeit vor. Wenn ein Politiker Geld für Einflussnahme nehme, sei das Korruption, sagt Köppl. "Das ist weder legal noch legitim und sollte entsprechend gehandhabt werden."
Das gilt nicht für österreichische Abgeordnete im Hohen Haus. "Abgeordnetenbestechung in Österreich ist nicht strafbar", erläutert der Politikwissenschafter Hubert Sickinger. "Die Mandatare haben sich bei der Strafrechtsnovelle 2007 eine Extrawurst gebraten." Da das EU-Parlament keine innerösterreichische Körperschaft ist, darf die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Ernst Strasser auch ermitteln. Überhaupt sieht Sickinger den Fall Strasser als "Testfall" an. Sollte Strasser trotz der Videomitschnitte davonkommen, gebe es den Beweis, dass die Regelung auch für EU-Abgeordnete nicht ausreicht.
USA bei Transparenz um Lichtjahre voraus
Anders sei der Umgang mit Lobbyismus in den USA. "Das Mutterland des Lobbyismus geht damit sehr transparent um." Für Lobbyisten gelten dort höchste Professionsnormen, diese dürfen Abgeordnete nicht einmal zum Abendessen einladen. Zuwiderhandeln habe hohe Strafen zur Folge. "In puncto Transparenz sind uns die USA um Lichtjahre voraus", so Sickinger. In Österreich passiere "alles unter der Tuchent. Diese muss man wegziehen."