Das Freihandelsabkommen der EU mit Chile tritt im Jänner nächsten Jahres in Kraft. Es umfasst ein Volumen von mehr als acht Mrd. Euro, chilenischer Wein und Fischexport inklusive.
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Die chilenischen Obstbauern können sich auf den Wegfall der EU-Steuern auf ihre Äpfel freuen. Harte Verhandlungen sind dem Abkommen vor allem in Sachen Wein vorausgegangen. Chiles Anteil am weltweiten Weinbaugebiet beträgt rund fünf Prozent. Die Wein-Exporte, von denen der Großteil nach Europa fließt, betragen 680 Mill. Euro jährlich. Nun muss sich Chile von den geographisch bestimmten (und ausschließlich Frankreich vorbehaltenen) Bezeichnungen "Champagne" oder "Cognac" trennen. Im Freihandelsabkommen hat die EU dem südamerikanischen Land Übergangsfristen von fünf bis zwölf Jahren eingeräumt. Darüber hinaus dürfen die Europäer künftig in Chile eigene Fischereiunternehmen besitzen; Ausländer durften bisher maximal 49 Prozent Anteil haben.
Der Fischbestand ist begehrt. Wegen Uneinigkeit wurde die Reform der Fischereipolitik in der EU hintangestellt. Die Details sollten bereits Mitte April präsentiert werden. Zuständig dafür ist Österreichs EU-Kommissar Franz Fischler. Während ihm zum Teil vorgeworfen wird, heimische Interessen in Brüssel zu wenig zu vertreten, hat offensichtlich Spanien interveniert aus Angst, die eigene Fischereiindustrie könnte von der Reform empfindlich getroffen werden. Spanien führt derzeit (bis Ende Juni) nicht nur die EU-Ratspräsidentschaft. EU-Kommissare müssen auch unabhängig von den Interessen ihres Landes die Union vertreten. Dieses Gebot gebrochen zu haben wird Spaniens EU-Kommissarin Loyola de Palacio (zuständig für Energie und Verkehr) vorgeworfen. Der spanische Fischereiminister, Miguel Arias Canete, hat zudem im Fernsehen zugegeben, "seinen Kommissaren" Anweisungen gegeben zu haben, die Fischereireform zu blockieren.
"Untransparentes, undemokratisches Vorgehen" unken EU-Parlamentarier. Fischereikommissar Fischler musste ihnen denn auch im Plenum vergangene Woche Rede und Antwort stehen. Vor allem weil der Vordenker der Reform, der zuständige Generaldirektor Steffen Smidt, vorzeitig und binnen 24 Stunden seines Amtes enthoben wurde. Kommissionspräsident Romano Prodi soll Smidt im Tausch dafür geopfert haben, dass Spanien auf den Anspruch verzichtet, die EU-Lebensmittelbehörde in Barcelona einzurichten. Das vermutet zumindest die irische EU-Abg. Patricia McKenna von den Grünen. Ursprünglicher Favorit für den Sitz der Behörde war Helsinki. Dann kam Silvio Berlusconi an die Macht und der Wunsch auf, die Lebensmittelagentur nach Parma zu holen.
Morgen Mittwoch soll Kommissar Fischler eine Erklärung im EU-Ausschuss für Fischerei abgeben. Währenddessen ist ein Gespräch des finnischen Premiers, Paavo Lipponen, mit Kommissionspräsident Prodi in Brüssel geplant.
Die Verschiebung der Fischereireform und der Abgang des Generaldirektors sind für Fischler "reiner Zufall". Dass sich die EU in Sachen Fischereipolitik bisher nicht einigen konnte, stellt aus österreichischer Sicht kein Problem dar. Wenn die Reform nicht unter Spaniens EU-Vorsitz beschlossen werden könne, dann eben unter der nächsten Präsidentschaft Spaniens, betonten Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero-Waldner beim EU-Lateinamerika-Gipfel.
In der EU-Fischereipolitik bei den Fangquoten benachteiligt fühlen sich die irischen Fischer. Ihr Protest hat sich auf Demonstrationen vor den Parlamentswahlen vergangene Woche beschränkt.