Justizministern Bandion-Ortner will "mehr Transparenz". | Schnellverfahren gegen Strasser bei EU eingeleitet. | Vereinsplattform "Respekt.net" plant Abgeordneten-Datei. | Wien/Brüssel. Die Politik ist offenbar um Schadensbegrenzung bemüht. Vor dem Hintergrund der Lobbyisten-Affäre um den Ex-ÖVP-Europaabgeordneten und -Delegationsleiter Ernst Strasser sollen die Spielregeln im Umgang mit Lobbyisten in Österreich neu definiert werden. Gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigt das Büro von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, dass noch im Mai ein entsprechender Entwurf zu einem neuen Lobbyistengesetz vorliegen wird. | Lobbyisten kämpfen um ihren Ruf | Analyse: Strasser, 'Connect', Parteispenden - Die Intransparenz hat System
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In den nächsten Tagen will Bandion-Ortner dazu auch ein Vorhabenspapier präsentieren. Kernpunkt im neuen Bundesgesetz wird ein Lobbyisten-Register sein. Dort werden alle Firmen und Personen, die Lobbying in Österreich betreiben, mit Namen und Adresse angeführt werden. "Wer drinnen steht, darf seine Tätigkeit in Österreich ausüben. Wer aber ohne Registrierung beim Lobbying erwischt wird, hat mit Sanktionen zu rechnen. Mit welchen, das ist noch in Ausarbeitung", heißt es aus dem Justizministerium weiter.
Volle Offenlegungder Nebeneinkünfte
Die Parteien orten jedenfalls entsprechende Dringlichkeit: ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf sprach sich am Mittwoch für ein verpflichtendes Lobbyisten-Register aus. Freiwillig, wie derzeit auf europäischer Ebene, sei aber zahnlos, so Kopf. Auch die SPÖ ist für präzisere Spielregeln. Klubobmann Josef Cap will zudem wieder über die volle Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten reden. Derzeit müssen Abgeordnete nur angeben, ob sie Einkünfte über 1140 Euro im Jahr beziehen und von wem. "Wir verlangen, dass alle Nebeneinkünfte bis auf den letzten Cent offen gelegt werden", forderte wiederum Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig.
Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist für eine volle Offenlegung, aber nur bei einem konkreten Lobbyisten-Verdacht. BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher will in das geplante Lobbyisten-Register zudem auch ÖGB und die Kammern aufnehmen.
In der von der "Sunday Times" aufgebrachten Lobbying-Affäre, in die Strasser und zwei weitere EU-Abgeordnete verwickelt sind, ermittelt nun offiziell auch die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf. Diese teilte am Mittwoch in Brüssel mit: "Generaldirektor Giovanni Kessler hat entschieden, ein Schnellverfahren anzuwenden und umgehend Ermittlungen zu eröffnen." Olaf sei nicht in der Lage, weitere Auskünfte zu dem laufenden Verfahren zu geben. Strasser seinerseits weist die Korruptionsvorwürfe zurück.
Neue Projekt-Initiative: "Mein Abgeordneter"
Vor dem Hintergrund der Affäre rund um Strasser hat am Mittwoch auch die Plattform "Respekt.net", die mithilfe von Projekten für eine bessere Zivilgesellschaft in Österreich kämpft, heftige Kritik an der politischen Kultur in Österreich geübt.
Um Machenschaften wie Lobbying besser verfolgen und aufdecken zu können, plant der Verein die Errichtung der Internetplattform "Mein Abgeordneter", um dort Informationen zu den persönlichen und politischen Hintergründen der handelnden Personen zusammen zu tragen. "Wir werden die Basisdaten aller Abgeordneten zum National- und Bundesrat sowie der Regierungsmitglieder auf einer Datenbank online stellen", kündigte Vereinspräsident Martin Winkler an. "Wir wollen der Bevölkerung damit die Gelegenheit geben, sich über ihre Volksvertreter zu informieren: Wofür stehen Österreichs Politiker und wofür und für wen engagieren sie sich?" Erleichtert werden soll die Suche mithilfe eines Recherche-Tools.
Wissen: Respekt.net
Die im Juni 2009 gegründete private Projekt-Börse "Respekt.net" hat es sich zum Ziel gesetzt, zivilgesellschaftliches Engagement in Österreich zu unterstützen. Ihre Aufgabe besteht darin, kreative Initiatoren und Betreuer sowie Geldgeber für konkrete Projekte, die sich mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigen, zu rekrutieren.
Mitglieder des Vereins sind etwa Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, Ex-EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber, die frühere LIF-Chefin Heide Schmidt, OECD-Diplomat Wolfgang Petritsch sowie die Journalistin Elfriede Hammerl.
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