Das Phänomen sinkender Wahlbeteiligung in westlichen Demokratien - also auch in Österreich - ist bekannt. Das Linzer Meinungsforschungsinstitut "market" hat nun im Vorfeld der heuer anstehenden Landtags-, Bundespräsidentschafts- und EU-Wahlen in einer Studie das Demokratievertrauen der ÖsterreicherInnen untersucht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Zwar zeigen sich 56 Prozent der Bevölkerung mit der "Demokratie" im Land und dem "politischen System" zufrieden - doch immerhin 43 Prozent unzufrieden. 62 Prozent neigen zu der Meinung, dass die tatsächlichen Entscheidungen in Österreich mehr oder weniger von mächtigen Lobbys und nicht von den gewählten Volksvertretern getroffen werden.
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Von den insgesamt 400 befragten österreichischen Wahlberechtigten gab nur ein Prozent keine Meinung zum demokratischen System ab, stellt "market" in seiner Auswertung fest. Insgesamt 56 Prozent gaben eine positive Einschätzung ab - davon sind 8 Prozent sehr und 48 Prozent eher zufrieden. Allerdings gaben immerhin 43 Prozent an, unzufrieden zu sein - davon sind laut Umfrage 33 Prozent eher und 10 Prozent sehr unzufrieden.
Besonders kritisch gehen mit unserem politischen System demnach die ältere Bevölkerung (ab 50 Jahre) und Personen mit Pflichtschulabschluss ins Gericht. Am zufriedensten zeigten sich die Jungen (bis 29 Jahre) sowie Personen mit hohen Bildungsabschlüssen. Nach dem Geschlecht betrachtet, sind, so das Studienergebnis, tendenziell die Frauen unzufriedener.
Entscheidungen eher weniger von Volksvertretern
Den Ergebnissen nach kranke es vor allem am Glauben an die Durchsetzungsfähgikeit der Politik, so "market". Immerhin meint der überwiegende Teil - 62 Prozent -, dass der Einfluss von Lobbys in Österreich groß sei und die tatsächlichen Entscheidungen eher weniger von den gewählten Volksvertretern getroffen werden. Letzteren komme bestenfalls die Aufgabe zu, diese Entscheidungen in Gesetze fließen zu lassen.
Wiederum sind Personen, die mit dem System unzufrieden sind, signifikant häufiger von der Macht der Lobbys überzeugt.
In der Frage der Sinnhaftigkeit von Wahlen differenzieren die ÖsterreicherInnen stark nach der politischen Ebene. Dabei zeigt sich, dass 59 Prozent bei Gemeinderatswahlen die größte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Politik sehen. Die Landtagswahlen werden nur von 51 Prozent als sinnvoll betrachtet, die Nationalratswahlen von 50 Prozent - also nur jedem Zweiten. Das Schlusslicht nehmen hier die EU-Wahlen mit 27 Prozent ein.
Auch zwischen der Demokratiezufriedenheit und der Einstellung zu Wahlen konnte ein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden: Personen, die mit dem politischen System zufrieden sind, sind wiederum auch von der Sinnhaftigkeit der Stimmabgabe überzeugt, so die Studie.