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Lockdown treibt Keil in schwarz-blaue Koalition

Von Karl Ettinger

Politik

Oberösterreichs ÖVP macht Verschärfung ab Montag im Alleingang. SPÖ erhöht Druck auf Landesrätin.


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Mit 3239 Neuinfektionen binnen 24 Stunden bis Samstag war Oberösterreich einmal mehr Spitzenreiter bei der Corona-Ausbreitung im Bundesländerreigen. Schon vor dem Krisentreffen der türkis-grünen Bundesregierung in einer Videokonferenz mit den Landeshauptleuten am heutigen Sonntag hat Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) nach einer 180-Grad-Wende innerhalb eines Tages ab dem morgigen Montag einen Lockdown für Ungeimpfte sowie die Absage von Veranstaltungen bis 6. Dezember angekündigt. Weil der Koalitionspartner FPÖ aber weiter genau in die gegenteilige Richtung zieht, muss die Landes-ÖVP die strengeren Maßnahmen alleine durchzuziehen. Vizelandeshauptmann FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner hatte zuvor die Sinnhaftigkeit des Lockdowns in Frage gestellt.

Impfwochenende soll Rückststand wettmachen

Oberösterreich versucht gerade an diesem Wochenende Versäumnisse bei den Corona-Impfungen, bei denen das Bundesland seit Monaten Nachzügler ist, wettzumachen. 18.000 Stiche sollen daher allein an diesen zum "Impfwochenende" ausgerufenen Tagen gesetzt werden.

Die Verschärfung der Corona-Maßnahmen ab Montag mit eigenen Maßnahmen auch auf Landesebene treibt den Keil tiefer in die erst im Oktober verlängerte Koalition zwischen ÖVP und FPÖ. Im Büro von Landeshauptmann Stelzer (ÖVP) wurde der "Wiener Zeitung" erläutert, dass jene Maßnahmen, die über den bundesweit erwarteten Lockdown für Ungeimpfte hinausgehen mit einer Verordnung der zuständigen Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) im Namen des Landeshauptmannes verfügt werden. Damit ist kein Beschluss in der der Landesregierung notwendig. Dort hätte zwar die ÖVP die Mehrheit, der Koalitionspartner FPÖ wäre aber zu einem Offenbarungseid gezwungen und müsste eventuell, wenn die beiden FPÖ-Landesregierungsmitglieder Haimbuchner und Landesrat Günther Steinkellner nicht mitstimmen, einen Koalitionsbruch riskieren.

Verbot von Veranstaltungen bis 6. Dezember

Der blaue Vizelandeshauptmann hat jedenfalls schon am Freitag einen Lockdown im ORF Radio Oberösterreich in Frage gestellt. "Die moralische Frage muss man sich ja stellen: Warum soll es einen Lockdown für Ungeimpfte geben, wonach (!) man mittlerweile auch weiß, dass auch Geimpfte – leider Gottes – infektiös sein können und auch das Virus weitergeben können? Also diese Differenzierung ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt." Haimbuchner nimmt mit dem Lockdown für Ungeimpfte vor allem jene Maßnahme ins Visier, die aller Voraussicht nach von der Bundesregierung ab Montag österreichweit angeordnet wird.

Allerdings ist die Landeshauptmannpartei ÖVP angesichts der dramatisch hohen Zahl an Neuinfektionen gewillt, auf Landesebene zusätzlich strengere Maßnahmen zu verfügen. Das Verbot von Veranstaltungen – abgesehen von Kultur- und Profisport – sowie eine strengere FFP2-Maskenpflicht. Das wurde im Stelzer-Büro bekräftigt.

Haimbuchner räumte in Radio Oberösterreich ein, es sei jedem im Bundesland klar, dass angesichts der Zahlen etwas getan werden müsse. Es stelle sich aber auch eine technische Frage. Wie solle man einen Lockdown für Ungeimpfte kontrollieren. Genau darum wird es auch beim Krisentreffen der Bundesregierung mit den Landeshauptleuten gehen. Haimbuchner tritt für deutlich mehr PCR-Tests ein. Allerdings hat das in Oberösterreich einen entscheidenden Haken. Das Land hat über Monate für die deutliche Ausweitung der PCR-Tests wenig getan. Deswegen herrschte bereits in der vergangenen Woche bei vielen Oberösterreichern Verärgerung, weil sie keinen Zugang zu den verlässlicheren PCR-Tests haben. Sie werden auch in den Supermärkten einer Handelsgruppe angeboten, waren aber vielerorts wegen des Ansturms vergriffen.

In Oberösterreichs Schulen kommt wie auch in Niederösterreich und Tirol ab dem Montag in den Schulen eine strengere Regelung mit Maskenpflicht in den Oberstufen zum Tragen. Gesundheitslandesrätin Haberlander kündigte am Sonntag an, dass an Lehrer in Oberösterreich eine halbe Million FFP2-Masken ausgegeben wird. Daneben sind ab Montag Schulveranstaltungen wie Wandertage oder Skikurse verboten, Elternsprechtage müssen in digitale Form abgehalten werden.

Gesundheitslandesrätin massiv in der Kritik

Stelzers ÖVP, vor allem aber seiner Stellvertreterin Haberlander, droht allerdings neben dem wachsenden Unmut der Bevölkerung über das Krisenmanagement politisch Ungemach. Die SPÖ drängt jetzt nämlich vehement darauf, dass Protokolle des Krisenstabs des Landes aus den vergangenen Monaten veröffentlich werden. Die Gesundheitslandesrätin hatte zuletzt im Ö1-Morgenjournal in dieser Woche gemeint, die dramatische Entwicklung sei vor Wochen auch von Experten noch nicht vorhergesagt worden, das sei erst ab 20. Oktober der Fall gewesen. Allerdings waren die Zahl der Neuinfektionen in Oberösterreich vor allem auch wegen der niedrigeren Impfquote von damals weit unter 60 Prozent schon im September gestiegen. Damals hat die ÖVP im Vorfeld der Landtagswahl am 26. September aber noch zu Wahlkampfgroßverstaltungen in Ried im Innkreis und in Land geladen. Die SPÖ in Person Gesundheitssprecher Peter Binder fordert nun Transparenz durch die Offenlegung der Protokolle. Dem wird sich die ÖVP wegen des Unmuts bei vielen Oberösterreichern nur schwer entziehen können.