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Lockere Hand bei Islam-Schulen

Von Clemens Neuhold

Politik
Austrian International School darf nach Prüfung weiter lehren.

Das Bundesministerium erteilte trotz Bedenken unbeschränktes Öffentlichkeitsrecht.


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Wien. Die Berichte über Missstände in islamischen Schulen reißen nicht ab. Am Mittwoch erzählte die Präsidentin des Wiener Stadtschulrates, Susanne Brandsteidl, im Interview mit der "Wiener Zeitung" von einem Schülerplakat in der Austrian International School (AIS), wonach Musik "haram" (verboten) sei. Es handelt sich um jene Schule, in der extrem-
konservative Eltern ihre Kinder gegen den für sie gottlosen Musikunterricht aufgewiegelt haben sollen. Eine Prüfung aufgrund dieser Vorfälle ging positiv für die Schule aus - sie darf ihr unbefristetes Öffentlichkeitsrecht behalten, die Lehrer werden weiter vom Steuerzahler finanziert. Und der Schulerhalter, Hassan Mousa, versichert, dass sich seine Schule kaum von anderen Schulen unterscheide. Doch Zweifel bleiben. Das Büro Brandsteidl kündigt laufend unangekündigte Inspektionen in der Zukunft an.

Lehrer bezahlt Saudi-Arabien

Für seine aktuelle Ausgabe hat das Nachrichtenmagazin "News" Schulbücher der Saudi School in Vienna übersetzen lassen und ist dabei auf ein "Sammelsurium aus Weltverschwörungstheorien, Hetze gegen Juden und gegen abweichende Strömungen des Islam" für bereits 10- bis 12-Jährige gestoßen, schreibt das Magazin. Die Lehrer dieser Schule werden direkt von Saudi-Arabien bezahlt. Die Zeugnisse aber ebenfalls in Österreich anerkannt.

Die extrem eingestellten Eltern, die in der International School Probleme machten, sollen zuvor in der Wiener Romanogasse (Brigittenau) gewesen sein, sagt Brandsteidl. Sie hat kein Öffentlichkeitsrecht, aber den rechtlichen Status einer Schule.

Fragt sich: Warum haben die Volksschule der International School und die Saudi School ein uneingeschränktes Öffentlichkeitsrecht? Warum wurde die Romanogasse genehmigt? Mit ein Grund dürfte die "lockere Hand einiger Personen bei der Bewilligung von konfessionellen Schulen sein", heißt es aus dem Umfeld des für die Bewilligung zuständigen Unterrichtsministeriums zur "Wiener Zeitung". Im Fall der Saudi-Schule hat der Wiener Stadtschulrat dem Ministerium empfohlen, das Öffentlichkeitsrecht maximal von Jahr zu Jahr zu gewähren. Grund: die schwierige Prüfung einer Schule mit arabischem Lehrmaterial. Das Ministerium sah es anders und vergab das Recht uneingeschränkt. Aus dem Ministerium gab es keine Stellungnahme dazu, die "News"-Causa werde geprüft.

Die Einrichtung der Romanogasse als Schule untersagte der Wiener Stadtschulrat. Doch das Ministerium hob den Bescheid auf und erlaubte die Führung des Gebäudes als Schule - ohne Öffentlichkeitsrecht. Die Zeugnisse sind somit nicht anerkannt, mit dem rechtlichen Schulstatus kann eine Anerkennung aber später beantragt werden. Das Ministerium kommentierte das nicht.

"Nicht die Türe verschließen"

Eltern geben ihre Kinder natürlich nicht per se in Schulen wie die International oder Saudi School, damit sie dort zu Extremisten werden. Es geht um gute Arabisch-Kenntnisse, die sie dort erwerben, die größere Rücksicht auf islamische Feiertage und die islamische Geschichte oder das leichtere Ausüben von religiösen Gebräuchen wie Kopftuch, Beten oder Ramadan. Dass es Familien mit extremen Ansichten gibt, bestätigen aber sowohl Mousa für seine eigene Schule, wie auch Brandsteidl.

Mousa meinte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Wenn wir diesen Leuten die Türe verschließen, dann werden ihre Kinder nur häuslichen Unterricht erfahren." Schüler der Romanogasse können, weil das Öffentlichkeitsrecht fehlt, wenn dann nur per häuslichem Unterricht ausgebildet werden. Brandsteidl äußerte sich kritisch zu dieser Form der Schul-Alternative ohne besondere Begründung. Sie ist ein österreichisches Spezifikum, in Ländern wie Deutschland geht das nicht. Insgesamt gibt es in Wien allerdings derzeit nur 402 Kinder, die daheim unterrichtet werden. Jährlich wird vom Staat geprüft. Soweit sie es beobachtet, handle es sich großteils nicht um Muslime, die aus religiösen Motiven aufs freie Lernen setzen, meint Joya Marschnig, Betreiberin der Plattform "Freilerner". Im Stadtschulrat schätzt man, dass ein guter Teil der Familien der Reformpädagogik anhängen. Aber auch die Rosa Lila Villa betreibt eine nicht anerkannte Schule, wo die Kinder nach häuslichem Unterricht geschult werden müssen, um Stempel aufs Zeugnis zu bekommen.