Nur Bares ist Wahres. Ein Freibetrag bringt bloß indirekte Steuerentlastung; eine Prämie dagegen bringt Cash ins Haus. Das ist das Ergebnis eines langen legistischen Lernprozesses, der seit heuer in eine neue Art der Lehrstellenförderung gemündet hat. Wobei das "Bare" nicht gleich als Flüssiggeld zur Verfügung steht, aber immerhin als Guthaben beim Finanzamt, das bargeldgleich verwertet werden kann. Die neue "Lehrlingsausbildungsprämie" soll Unternehmer vermehrt dazu bewegen, ihre Betriebe der Lehrlingsschulung zu öffnen.
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Die Animation der Ausbildner durch steuerliche Verlockungen ist nicht neu. Erstmals wurde sie Mitte 1998 ver-sucht, indem man den Unternehmern für jeden "frisch-gfangten" Lehrling einen Steuerfreibetrag von 20.000 Schilling angeboten hatte. Eine schmale Attraktion, denn ein Freibetrag mindert nicht die Steuer, sondern nur den steuerpflichtigen Gewinn, somit die Berechnungsgrundlage der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. In mageren Gewinnjahren oder in Verlustperioden ist der steuerliche Effekt daher mager bis Null. In den schwachen Jahren 1998 und 1999 blieb deshalb auch das große Lehrstellenangebot aus. Ein "nationaler Aktionsplan" musste her.
Dreifacher Freibetrag
Die neue Steuerstrategie ab 2000 hieß: dreifacher Freibetrag zu je 20.000 Schilling bzw. 1.460 Euro, angeknüpft an drei zeitlich auseinanderliegende Voraussetzungen: an die definitive Lehrlingsaufnahme, an die Lehrzeitbeendigung und an die erfolgreiche Ablegung einer Lehrabschlussprüfung. Um die Wirkung der neuen Dreifach-Begünstigung zu testen, wurde sie auf die Jahre 2000 bis 2002 begrenzt. Das Testergebnis fiel so aus, dass man auch diese Strategie wieder ändern wird. Mit Ende 2002 lässt man den Freibetrag auslaufen. An seine Stelle tritt - ab dem gleichen Jahr - die Lehrlingsausbildungsprämie.
Neue Prämie als Alternative
Die neue Prämie steht dem ausbildenden Betrieb für jedes einzelne Lehrverhältnis zu, das ab dem Jahr 2002 begonnen wird, und zwar für jedes Kalenderjahr oder Wirtschaftsjahr, in dem dieses Lehrverhältnis besteht: 1.000 Euro pro Lehrling und Jahr. Sie kann - alternativ - auch noch für jene Lehrlinge beansprucht werden, deren Lehrverhältnis in den Vorjahren begonnen wurde und am 1. Jänner 2002 noch bestand.
Lehrlingsfreibetrag und Lehrlingsausbildungsprämie laufen also eine Zeitlang noch parallel, und der Lehrbetrieb hat die Möglichkeit sich in den noch offenen Jahren für eine der beiden Förderungsmethoden zu entscheiden. Im Regelfall wird wohl die Entscheidung für die attraktivere und einfachere Prämie fallen; es sind aber auch Konstellationen denkbar, bei denen die Wahl auf den Freibetrag fällt.
Wahlrecht der Betriebe
So könnte für einen Lehrling ex 1999, dessen Lehrzeit im Jahr 2002 endet und der in diesem Jahr überdies auch noch die Lehrabschlussprüfung (wenngleich auch per Wieder-holungsprüfung) erfolgreich ablegt, ein Freibetrag von 2 Mal 1.460 Euro beansprucht werden: ein Bonus, der nicht nur den Lehrherrn erfreut, sondern (so hoffen wir) auch dem erfolgreichen Lehrling eine Zusatzbelohnung einbringt. Einen halbwegs passenden Gewinn vorausgesetzt, bringt der Frei-betrag voraussichtlich den besseren Ertrag als die 1.000 Euro-Prämie. Die Entscheidung zwischen Freibetrag und Prämie kann übrigens in den noch verbleibenden Parallel-Jahren jährlich neu getroffen werden, allerdings nicht jeweils Lehrlings-bezogen, sondern immer nur auf das ganze Unternehmen bezogen; eine amtliche Leseart, die sich aus dem Gesetzestext freilich nicht so einfach ableiten lässt.
Gutschrift am Steuerkonto
Ob die Lehrzeit einen positiven Verlauf nimmt, wann das Lehrverhältnis endet (ob es womöglich vorzeitig abgebrochen wird), oder ob und wann eine Lehrabschlussprüfung absolviert wird, hat auf den Prämienanspruch keinen Einfluss.
Offen ist allerdings die Frage, ob der Prämienanspruch immer auf den Jahresbeginn eines Lehrjahres abstellt, ob es - bei Beendigung - mehr als sechs Monate des Jahres gedauert haben muss oder ob eine andere Fristsetzung in Frage kommt. Ein Ministerialerlass soll das klären.
Die Prämie gibt es im Zuge der Jahressteuerbescheide; Sie wird also mit den Steuererklärungen eines Jahres beansprucht und dem Steuerkonto des Betriebes gutgeschrieben. Als "negative Einkommensteuer" ist sie natürlich selbst nicht steuerpflichtig.
Weniger Lohnnebenkosten
Die 1.000 Euro-Prämie muss im übrigen noch nicht der Weisheit letztes Ende sein. Die Gesetzmacher sind vorsichtig geworden und haben eine Erweiterungsmöglichkeit in Aussicht gestellt: Für Mangelberufe kann die Lehrstellenförderung sogar bis zu 2.000 Euro erhöht werden. Vorausgesetzt, dass sich Finanz- und Wirtschaftsminister darüber einigen, welche Mangelberufe förderungswürdig sind.
Inzwischen hat sich auch der Sozialbereich den Förderungs-bemühungen angeschlossen und eine Senkung der bezüglichen Lohnnebenkosten festgeschrieben. So gilt schon seit dem 1. Oktober ein Entfall der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung der Lehrlinge in den ersten beiden Lehrjahren. Der Unfallversicherungsbeitrag für Lehrlinge entfällt in allen Lehrjahren. Ab dem Jahr 2003 soll auch der IESG-Zuschlag zum Arbeitgeberbeitrag der Arbeitslosenversicherung der Lehrlinge entfallen. Bares wird Wahres.