Leistung und Vermögen sind ungleich verteilt - auch zwischen Arm und Reich.
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"Leistung muss sich wieder lohnen!" Es ist eines der markantesten Versprechen, die Bundeskanzler Karl Nehammer in seiner Zukunftsrede gegeben hat. Was für eine Politik damit jedoch gemeint ist, hat sich bis heute nicht ganz erschlossen. Erste konkrete Idee war die Kürzung von Sozialleistungen für Zuwanderer. Eine kantige Ansage für rechte Wählergruppen. Bei näherer Betrachtung zeigte sich: Da gibt es so gut wie nichts, das man kürzen könnte, Der zweite Vorstoß: Überstunden steuerlich besserzustellen. Damit sich Arbeit - im Vergleich zum Arbeitslosengeld - wieder mehr lohne, so die Argumentation. Dieser Vorstoß blieb vage.
Jenseits der Regierung schwirren viele Ideen zum Thema herum: Problemlos ließe sich die (finanzielle) Anerkennung von häuslicher Arbeit einpreisen, hier ist der (monetäre) Lohn für reale Leistung kaum adäquat. Auch das Schließen der Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen, Lehrerinnen und Managern, Pflegerinnen und Privatärzten könnte man angehen. Eine neue Fairness-Liste für jene Fälle, in denen das Verhältnis von Lohn und Leistung aus der Balance ist, wäre lang wie (politisch) lohnend.
Ebenso zulässig ist der Umkehrschluss: Wenn Leistung sich lohnen soll, darf es das Gegenteil nicht - siehe Sozialleistungen für Migranten. Die Konsequenzen dieser Logik sind nicht so ganz in die Politik gesickert: In einer stabilen, zukunftsfitten Gesellschaft darf sich Nichtleistung für niemanden (mehr) lohnen.
Jüngster politischer Beitrag dazu: die Erbschafts- und Vermögenssteuer, die Grünen-Chef Werner Kogler (wieder) ins Spiel gebracht hat. Die Debatte ist ebenso wenig neu wie die Argumente: Erben sei keine Leistung, ertönt es auf der einen Seite, Kapital sichere Jobs und den Industriestandort, auf der anderen. Neu ist, dass sich Menschen mit der Bitte nach Besteuerung melden - aktuell Multimillionär Djaffar Shalchi und Millionenerbin Marlene Engelhorn. Vermögenssteuern seien die Lösung, um der wachsenden Ungleichheit entgegenzuwirken und den Sozialstaat abzusichern, so der Tenor.
Aktuell wird die Kluft zwischen denen, die leisten, und denen, für die es sich lohnt, rasant größer. Nur zu entlasten, ohne (einzelne Gruppen) neu zu belasten - diese Rechnung kann nicht aufgehen. Trägt die Politik nicht dazu bei, Lasten und Kosten der Teuerung fairer zu verteilen, bricht sie nicht nur markige Versprechen. Der Status quo entkoppelt Leistung und Vermögen weiter, macht aus Leistung und Lohn kein zwingendes Gespann, sondern ein Gegensatzpaar. Das kann dem Kanzler nicht vorgeschwebt sein. Leistung soll sich schließlich wieder lohnen. "Wos woa mei Leistung?" Diese Frage soll niemand mehr stellen müssen.