Zum Hauptinhalt springen

Lohnfairness verbessert Erfolg

Von Martina Madner

Wirtschaft
© Sonnentor

Mit einer neuen Toolbox sollen die Einkommensberichte für gleiche Entlohnung von Frauen und Männern sorgen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Wirtschaften im Sinne aller, und nicht nur um Gewinn zu erzielen - das versucht die Sonnentor Kräuterhandels GmbH in Sprögnitz im Waldviertel umzusetzen. 1988 als Produzent und Vermarkter von Kräutern, Tees und Gewürzen aus biologischem Anbau gegründet, sind es heute insgesamt 320 Mitarbeiter, die bei Sonnentor und den Tochterunternehmen, einem Gasthaus und einer Schauproduktion, arbeiten. Das Unternehmen lässt sich von externen Beratern durchleuchten was den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt in der Produktionskette, aber auch im sozialen Gefüge mit Geschäftspartnern wie Lieferanten, Kunden und Belegschaft im Betrieb anbelangt.

Laut Gemeinwohlbilanz erreicht Sonnentor in der Gewinnverteilung 100 von 100 möglichen Prozent. Der Grund dafür ist, dass Gewinne ins Unternehmen reinvestiert werden, in den vergangenen beiden Jahren waren es zum Beispiel 1,96 Millionen Euro, die unter anderem in neue Geschäftslokale in Dresden, Regensburg und Wiener Neustadt, aber auch in den Ausbau der Produktion und in neue Projekte wie den Freihof, wo man landwirtschaftliches Selbstversorgertum im Pilotbauernhof ausprobiert, fließen.

Und man sorgt mit Einkommensberichten dafür, innerbetriebliche Ungleichbehandlungen aufzudecken - und zu beseitigen. Sonnentor-Personalleiter Klaus Doppler weiß, dass man bei den Einkommen der Führungskräfte noch für mehr Gerechtigkeit sorgen muss. Generell steht man mit 90 Prozent fairer Einkommensverteilung aber gut da: "Wir gehen mit allen unseren Zahlen, Daten und Fakten sehr offen um, tun das auch bei den Löhnen. Da muss man nicht im Hintergrund tuscheln, da kommt auch kein Neid auf. Alle Mitarbeiter haben die Möglichkeit zu schauen, was man in einer Position verdient. Wir haben da auch keine Bonifikationen, die das verzerren, sondern eben das Einkommen."

Doppler ist davon überzeugt, dass sich das auch auf den Unternehmenserfolg auswirkt: "Wir sehen das bei an niedrigen Krankenstandzahlen. Auch die Fluktuationsrate ist gering, das hängt sicher auch mit der Lohnfairness zusammen."

Studie: Einkommensberichte wirken nur langsam

Aus anonymisierten Erhebungen ist bekannt: Frauen verdienen in österreichischen Unternehmen um 22 Prozent weniger als Männer. Das 2011 in Kraft getretene Bundesgesetz, wonach Betriebe mit mehr als 100 Mitarbeitern Einkommensberichte erstellen müssen und in Stelleninseraten Angaben zum Gehalt machen müssen, soll einen Beitrag dazu leisten, diesen Unterschied zu verringern. Eine Evaluierung für das Frauenministerium von 2015 zeigt, beides wirkt - allerdings sehr langsam und unzureichend. Zwar sagen zwei Drittel der Befragten, dass die Gehaltsangaben in Stelleninseraten nützlich sind. Zugleich ist aber auch vermerkt, dass 13 Prozent der Unternehmen bei den Gehaltsangaben säumig waren.

Das könne daran liegen, dass "kaum über Sanktionen berichtet wird", heißt es in der Studie. Denn hier hat das Gesetz Schwächen: Bei einem Verstoß gegen die Angabepflicht müssten Stellensuchende bei der Bezirksverwaltungsbehörde Anzeige erstatten. Bei erstmaliger Verletzung der Pflicht kommt es zu einer Verwarnung, bei weiteren Verstößen wird eine Verwaltungsstrafe bis zu 360 Euro verhängt.

Bei den Einkommensberichten wiederum zeigt sich, dass die Verschwiegenheitspflicht gegenüber Unternehmensexternen der gewünschten Einkommenstransparenz entgegenwirkt, sie hemmt auch die interne Kommunikation. Der Bekanntheitsgrad der Ergebnisse ist laut Studie folglich "innerhalb der Unternehmen überschaubar bis nicht vorhanden und führe dadurch nicht zu einer Verstärkung der innerbetrieblichen Transparenz".

Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner ist mit den aktuellen Gesetzen nicht zufrieden: "Es braucht viele Rädchen, an denen wir drehen müssen. Wenn wir nicht an diesen drehen, müssten wir fünf Jahrzehnte warten, bis die Einkommensschere geschlossen ist." Frauenministerium, ÖGB, Arbeiterkammer und Gleichbehandlungsanwaltschaft haben daher eine Toolbox erstellt, mit der Betriebsräte Einkommensberichte bekannter machen können, ebenso können daraus Frauenförder- und Gleichstellungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Migrantinnen sinddoppelt benachteiligt

Das hat das Austrian Institute of Technology bereits gemacht. Da die vergleichsweise hohen Gehälter den Technikerinnenanteil im Unternehmen von aktuell 22 Prozent kaum erhöhen, macht AIT Frauen in Stelleninseraten auch optisch sichtbar, "wegen der Vorbildwirkung", berichtet Eva Wilhelm, die Konzernbetriebsratsvorsitzende des 1300 Mitarbeiter großen Unternehmens. Dazu arbeite man im Moment an einem Karenzmanagement, da ein rascherer Wiedereinstieg nach Karenzzeiten für geringere Gehaltseinbußen sorgt. Auch aus den Einkommensberichten habe man Lehren gezogen: "Wir hatten Technikerinnen, die aus den neuen EU-Ländern kamen, die schlechter eingestuft wurden als andere."

Gleichbehandlungsanwältin Sandra Konstatzky sagt allerdings, dass die Einkommensberichte in Verfahren gegen Lohndiskriminierung eingesehen werden können. Sie weist allerdings auch darauf hin, dass sich ein genauerer Blick auf die Tätigkeiten von Frauen und Männern in den Unternehmen lohne: "Am Beispiel Hausarbeiter im Vergleich zur Sekretärin zeigt sich, dass die Bewertung von Arbeit nicht passt." Typische Frauenberufe seien oft schlechter entlohnt als typische Männerberufe. "Es geht jetzt auch mal darum, zu schauen, ob das wirklich unterschiedliche oder doch gleichwertige Tätigkeiten sind." Hier könnten Unternehmen auch betriebsintern für einen Ausgleich sorgen.

Gleiche, aberniedrige Löhne

Rolf Denkenberger, Leiter Personal und Recht beim Systemgastronomen Nordsee mit insgesamt 460 Beschäftigten in den 33 Filialen in Österreich, berichtet von einem transparenten Gehaltsschema im Unternehmen mit fünf Stufen: "Gehalt ist oft ein Tabuthema, spätestens bei der Firmenfeier erfahre ich dann doch, was Kollegen verdienen." Die Mitarbeiter hätten den Eindruck, fair behandelt zu werden. Gehaltstransparenz könne über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden, sagt er. Denkenberger gibt aber zu, dass die Gehälter in der Systemgastronomie insgesamt nicht hoch sind. Aber: Nordsee investiere in die Weiterbildung der Mitarbeiter: "Bei uns ist die Karriere vom Tellerwäscher bis zum Filialleiter wirklich und nicht nur theoretisch möglich."