In Brüssel beginnen nun die Gespräche über die österreichische Position.
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London/Brüssel. Wer sein Geld im Offshore-Paradies Isle of Man geparkt hat, wird sich warm anziehen müssen. Das liegt nicht nur am rauen Klima der Irischen See, sondern an der Tatsache, dass Großbritannien ein Coup bei der Aufbrechung des Bankgeheimnisses geglückt ist.
In der Nacht auf den zweiten Mai veröffentlichte der britische Schatzkanzler George Osborne seinen großen Wurf: Alle britischen Übersee-Territorien mit großen Finanzzentren haben seinen Plan nach größerer Transparenz unterschrieben. Das bedeutet, dass sieben von Großbritannien abhängige Steueroasen (sechs davon in der Karibik) künftig Kontodaten von Anlegern übermitteln werden - nicht nur bilateral über London, sondern auch multilateral. Allerdings vorerst nur an die großen EU-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien. Die fünf EU-Staaten hatten im vergangenen Jahr eine über die bisherigen EU-Standards hinausgehende Kooperation vereinbart. Sie wollen Kontodaten nicht nur auf Anfrage, sondern automatisch austauschen. In diesem Quasi-Pilotprojekt werden Namen, Adressen, Geburtsdaten, Kontonummern, Kontostand und Angaben über Einzahlungen automatisch ausgetauscht. Zudem soll es nicht nur für Einzelpersonen gelten - auch Konstrukte wie Trusts sollen von der Transparenz und dem Automatismus umfasst werden.
Davon betroffen sind nun auch Anguilla, Bermuda, die Jungferninseln, Montserrat und die Turks- und Caicosinseln - die Cayman Inseln hatten sich schon zuvor zum Informationstausch bereit erklärt - sowie die Isle of Man.
Während es sich bei den Karibikinseln um britische Überseegebiete handelt, zählt die Isle of Man in der Irischen See (wie auch die Kanalinseln Jersey und Guernsey) zu den sogenannten Kronbesitzungen, die als gesonderte Rechtssubjekte direkt der britischen Krone unterstellt sind. Die Kanalinseln werden dagegen ihr Bankgeheimnis zumindest teilweise behalten, aber in einer abgespeckten Version. Laut "Financial Times" hat Guernsey etwa auch ein "klares Interesse" an dem Beitritt signalisiert. Zudem haben Guernsey und Jersey bereits zugestimmt, bilateral mit Großbritannien einen Datenaustausch zu betreiben.
Schatzkanzler Osborne nannte das Abkommen mit den Übersee-Gebieten einen "bedeutenden Schritt" im Kampf gegen "Steuerflucht und illegale Finanzflüsse".
Global bedeutet das, dass die Steuerschlupflöcher am Schwinden sind - die USA haben den Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) vorgestellt, der Finanzinstitutionen schwere Strafen androht, sollten sie nicht den Transparenzgeboten entsprechen.
Damit wird es noch enger um Österreichs Position, das Bankgeheimnis zu halten. In einer ersten Reaktion begrüßt Finanzministerin Maria Fekter den Schritt der Briten "sehr", dass sich auch die Kolonien an dem Informationsaustausch beteiligen werden.
Zähe Verhandlungen
Ein Einlenken Österreichs zeichnet sich zwar schon seit Wochen ab. Doch die Gespräche über die Details gestalten sich mühsam - zumal die Wiener Position sich aus der Sicht des Finanzministeriums anders darstellt als aus jener des Bundeskanzleramts. Das müsse die Verhandlungsstärke eines Landes trotzdem nicht schwächen: Innenpolitische Reibereien "irritieren uns nur beschränkt", heißt es aus der Kommission. Maßgeblich sei die offizielle Verhandlungsposition.
Nicht zuletzt diese abzuklären war eines der Ziele einer Gesprächsrunde in Brüssel. Normalerweise wäre es ein gewöhnliches Treffen zur Vorbereitung der nächsten Zusammenkunft der EU-Finanzminister. Doch die Brisanz stieg durch die Thematik: Steuerfragen - wie Abkommen mit Drittstaaten oder der Austausch von Bankdaten - standen auf der Agenda. Das österreichische Finanzministerium schickte daher Experten aus Wien nach Brüssel, die mit Kollegen aus anderen Ländern sowie Vertretern der Kommission berieten.
In der kommenden Woche schon gibt es weitere Verhandlungen auf Botschafterebene. Und am 14. Mai dann, beim Finanzminister-Treffen, könne der Kommission endlich das Mandat erteilt werden, Gespräche mit Drittstaaten zu beginnen - diese Hoffnung wird im Büro von Steuerkommissar Algirdas Semeta zum Ausdruck gebracht.
Unklar ist noch, wie weit Österreich seine Forderungen durchsetzen wird können. Wien wünscht sich etwa, dass auch Eigentümer von Unternehmen oder anonyme Stiftungen ihre Daten offenlegen müssen. Das soll es ermöglichen, gegen Briefkastenfirmen vorzugehen. Umgekehrt möchte Österreich nicht, dass durch die Verhandlungen auf EU-Ebene bereits getroffene Abkommen - wie mit der Schweiz und Liechtenstein - beeinträchtigt werden. Laut Experten ist dies ein Wunsch, der erfüllbar ist, zumindest teilweise.
An diesen Forderungen soll sich auch nichts geändert haben. Gerüchte, dass Fekter einen Brief an die Kommission geschrieben hat, ohne dies mit anderen Stellen zu akkordieren, wies das Finanzressort gestern, Donnerstag, zurück. Die Stellungnahme Österreichs, bei der es sich um die abgestimmte Regierungslinie handle, sei am Montag nach Brüssel geschickt worden.