Donald Anderson, Vorsitzender eines englischen "Select Committe Foreign Affairs" kennt sich in Wien gut aus: Sagt man nicht immer, der Balkan beginne "at the Landstraße Hauptstraße?", demonstrierte er gegenüber Außenministerin Benita Ferrero-Waldner in London ein fundiertes kulturgeographisches Wissen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Was die EU-Erweiterung betreffe, wäre ihm allerdings zu Ohren gekommen, dass es da "auch gewisse Befürchtungen" in der Bevölkerung gebe.
Benita Ferrero-Waldner kann ihren Gesprächspartner im britischen "House of Commons" , beruhigen. Was dieses Problem angehe, hätte sich in Österreich im letzten Jahr einiges zum Positiven verändert. Und das nicht zuletzt wegen der "ausgezeichneten Arbeit", die Erweiterungsbeauftragter Erhard Busek geleistet habe.
"Solide Basis"
Dieser Stimmungswechsel sei aber auch dadurch erklärbar, dass man in der Regierungsarbeit den "sensiblen Kapiteln" der Erweiterung besonderes Augenmerk schenke. So sei bei jüngsten Umfragen ein Wert von 80 Prozent Zustimmung unter der österreichischen Bevölkerung erhoben worden.
Erhard Busek, der sich offenbar auf anderes Datenmaterial verlässt, würde von einer immerhin noch 55 prozentigen Zustimmung sprechen. "Eine solide Basis für unsere Arbeit", meint Ferrero-Waldner. Probleme gebe es allerdings weiterhin im Bereich der Atomkraft und bei der Aufarbeitung der gemeinsamen Vergangenheit. Sowohl die Benes-, wie auch die Avnoj-Dekrete erforderten ein Zeichen "moralischer Verantwortung" seitens der Tschechischen Republik und Sloweniens. Die jüngsten "sehr herzlich" verlaufenen Gespräche mit dem slowenische Außenminister Dimitrij Rupel ließen allerdings hoffen, meinte Ferrero-Waldner. Zuvor hatte der britische Außenminister Robin Cook in Gesprächen mit Ferrero-Waldner großes Verständnis für den Wunsch Österreichs nach einer siebenjährigen Übergangsfrist zur Öffnung des EU-Arbeitsmarkts für Arbeitnehmer aus den Beitrittsländern. Für Großbritannien selbst sieht Cook eine solche Notwendigkeit nicht im gleichen Ausmaß gegeben.
Konservative "kurzsichtig"
Weiters betonte der britische Außenminister das "große Interesse" Londons an der EU-Erweiterung, vor allem aus wirtschafts- und sicherheitspolitischen Gründen. Auch dem Konzept einer "Strategischen Partnerschaft" Österreichs mit den osteuropäischen Beitrittswerberländern konnte Cook einiges abgewinnen. Die Haltung der oppositionellen britischen Konservativen, die eine Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Nizza ablehnen, kritisierte Cook dagegen als "kurzsichtig".
Außerdem traf die österreichische Außenministerin im Rahmen ihres offiziellen Besuchs in London mit der britischen Frauenministerin, Baroness Jay of Paddington, zusammen. Ferrero-Waldner erinnerte daran, dass in Österreich lebende Frauen in Fragen der Gleichberechtigung seit Dezember 2000 ein Beschwerderecht bei den Vereinten Nationen hätten.