AK will Covid19 als Berufskrankheit für alle einstufen. Arbeitgebervertreter sind dagegen.
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Geht es nach der Arbeiterkammer (AK), soll Long Covid als Berufskrankheit eingestuft werden. Das forderte AK-Präsidentin Brigitte Anderl am Sonntag in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Damit hätten Personen, die sich in der Arbeit mit Corona anstecken und später an Long Covid leiden, etwa bessere Reha-Leistungen und einen Anspruch auf eine Unfallrente im Falle einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit.
Wie viele Menschen derzeit in Österreich an Long Covid leiden, ist unklar. Weder das AMS noch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) verfügen über Daten. Laut Gesundheitsministerium kann man jedenfalls davon ausgehen, dass es bei etwa 10 Prozent der Infizierten zu dauerhaften oder länger anhaltenden Beeinträchtigungen aufgrund der Ansteckung kommt. "Hochgerechnet auf die Anzahl der bisherigen Infektionen könnten das österreichweit an die 130.000 Personen sein", sagt Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherungen in der AK Wien, zur "Wiener Zeitung".
Anerkennung überall
Long Covid gilt nach wie vor als unzureichend erforscht, und auch die Folgen für den Arbeitsmarkt sind noch nicht abzuschätzen. Mit den steigenden Infektionszahlen wird das Thema aber relevanter. Als Berufskrankheit ist Long Covid in bestimmten Unternehmen und Bereichen schon jetzt anerkannt. Bei Arbeitnehmern, die sich im Krankenhaus, in Pflegeheimen, Kindergärten, Schulen, Reha-Zentren oder anderen Gesundheitseinrichtungen mit Corona anstecken, greift die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA). Voraussetzung ist, dass man nachweislich in der Arbeit zu einer mit Corona infizierten Person Kontakt hatte und kurze Zeit später selbst erkrankt ist. Wer sich im Urlaub oder in der Familie mit Corona ansteckt, kann das nicht als Berufskrankheit anrechnen lassen.
"Warum soll das für einen Bäcker nicht auch gelten?", fragt Panhölzl. In vielen Bereichen gibt es keine Homeoffice-Möglichkeit, und es kommt immer wieder zu Corona-Clustern am Arbeitsplatz, etwa im Gastgewerbe, am Bau oder im produzierenden Bereich. Auch hier sollte es im Falle einer schweren Folgeerkrankung das Recht auf AUVA-Reha oder einer Unfallrente geben.
Bisher wurden laut AK rund 15.000 Anträge aus den Listenunternehmen zur Anerkennung von Long Covid als Berufskrankheit gestellt. 5.000 wurden schon genehmigt, 2.000 abgelehnt, der Rest wird noch bearbeitet. Laut APA wurden in den 15 stationären Reha-Zentren der PVA bis Ende Dezember 2.732 Post-Covid-Patientinnen und -Patienten betreut.
Von den bisher an die AUVA als Berufskrankheit gemeldeten Covid-Fällen hat die Unfallversicherungsanstalt bei etwa 7.000 Fällen einen beruflicher Zusammenhang bestätigt. Überwiegend betroffen seien Beschäftigte im Gesundheitswesen. "Ein nicht unerheblicher Teil dieser Betroffenen - nach unseren Erhebungen bis zu 40 Prozent - leidet noch Monate danach unter Folgezuständen, wobei die Beschwerden, die unter ‚Long-Covid‘ subsummiert werden, sehr unterschiedlicher Ausprägung sind und dementsprechend auch zu unterschiedlich relevanten Beeinträchtigungen im Berufsleben führen", hieß es von der AUVA. Der überwiegende Teil der seitens der AUVA betreuten Covid-Berufskrankheitenfälle sei aber "wieder im selben Ausmaß beruflich tätig wie vor der Erkrankung".
Schwieriges Contact Tracing
Ob eine Infektion aber tatsächlich am Arbeitsort stattgefunden hat, ist nicht immer eindeutig nachzuverfolgen. Die Beweislast liegt beim Dienstnehmer. Ob und in welchem Ausmaß die Kosten vor allem bei der AUVA steigen würden, darüber gibt es noch keine Schätzungen.
Die Wirtschaftskammer (WKO) spricht sich auf Anfrage gegen eine Erweiterung der Berufskrankheiten-Liste aus. "Infektionskrankheiten wie Covid sind bereits eine Berufskrankheiten für Berufe mit erhöhter Gefährdung", heißt es seitens der WKO. "Davon abgesehen sind aber Infektionskrankheiten abgesehen - wie Grippe - keine Berufskrankheiten, weil sie eben nicht typischerweise durch die Beschäftigung verursacht werden." Derzeit würden laut Ages 90 Prozent der Ansteckungen im privaten Umfeld passieren.
In puncto Impfpflicht haben sich sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmervertreter zuletzt immer deutlicher gegen die Einführung ausgesprochen. Derzeit gilt ja für alle Tätigkeiten mit Kunden- beziehungsweise Kollegenkontakt 3G am Arbeitsplatz. Man darf also nur geimpft, genesen oder getestet in die Arbeit. Die Industriellenvereinigung warnte angesichts der Einführung der Impfpflicht vor einem Fachkräftemangel. Laut AK und Gewerkschaft dürfe eine Impfverweigerung nicht auch zum Jobverlust führen.