Stellen die Briten Premierministerin May einen Blankoscheck für den Brexit aus?
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London. In banger Erwartung des Wählerurteils in sieben Wochen ist jetzt die britische Labour Party in den Wahlkampf gezogen, nachdem sie am Mittwoch grünes Licht für die von der Tory-Regierung gewünschten vorgezogenen Unterhauswahlen gab.
Labours linkssozialistischer Parteichef Jeremy Corbyn suchte dabei vor den Wählern seinen Kampfeswillen herauszustreichen. Und Schatten-Schatzkanzler John McDonnell, Corbyns engster Mitstreiter, bekräftigte seine "ehrliche Überzeugung, dass Labour die nächste Regierung stellt".
Viele andere Labour-Politiker aber prophezeiten sich selbst eine "Wahlkatastrophe". Den Umfragen zufolge könnte die Oppositionspartei von ihren 229 Unterhaus-Mandaten mehr als ein Drittel einbüßen - und eins der schlechtesten Ergebnisse der Nachkriegsgeschichte einfahren.
Viele bisherige Labour-Abgeordnete erklärten am Mittwoch bereits ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur, weil sie die Sache für aussichtslos halten. Der 75-jährige Lord (Neil) Kinnock, der früher lange Jahre Oppositionsführer war, erklärte, er erwarte keine Labour-Regierung zu seinen Lebzeiten mehr. Sogar von einem baldigen Auseinanderbrechen der Partei war in der Fraktion die Rede.
Taktischer Fehler?
Einzelne Labour-Politiker machten keinen Hehl daraus, dass sie die unverzügliche Zustimmung Corbyns zu Neuwahlen als taktischen Fehler betrachteten. Statt sich so begierig in die Schlacht zu stürzen, meinten sie, hätte Corbyn die Tories zwingen sollen, sich selbst das Misstrauen auszusprechen und so das Parlament aufzulösen.
Die meisten Labour-Leute wollten aber nicht beschuldigt werden, der Bevölkerung eine Gelegenheit zur Neuwahl versagt zu haben. Mit Labours Hilfe kam die Regierung May so leicht auf die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Ansetzung von Neuwahlen für den 8. Juni. 522 der 650 Unterhaus-Abgeordnete stimmten für und nur 13 gegen solche Wahlen.
Die Schottische Nationalpartei (SNP) enthielt sich der Stimme. Die SNP betrachtet es als "eine Ironie", dass Premierministerin May den Schotten ein neues Unabhängigkeitsreferendum versagen will, weil ein solches Referendum nach Mays Ansicht "nur Unruhe und Ungewissheit" schaffe, wo sich doch "alles auf den Brexit konzentrieren" müsse. Stattdessen, meint die SNP, sorge May selbst nun für jede Menge "Unruhe und Ungewissheit."
Scharfe Kritik handelte sich May auch ein für ihr zentrales Argument für Neuwahlen. Sie wolle sich, erklärte sie am Mittwoch erneut, über einen Wahlsieg "eine starke Position" für die Austrittsverhandlungen mit der EU verschaffen. Sie müsse freie Hand haben bei diesen Verhandlungen, sagte sie: "Ich bitte die Leute, mir zu vertrauen." Die Wähler sollten ihr "ein Mandat geben" für den "bestmöglichen Deal" mit der EU.
May machte aber deutlich, dass sie im Wahlkampf keine weiteren Einzelheiten ihrer Brexit-Planung enthüllen will. Vorsichtig distanzierte sie sich von der Titelseite der radikal rechten "Daily Mail", die ihr riet: "Zermalmen Sie die Saboteure!"
Unterdessen suchen Brexit- und May-Gegner in aller Eile, Wahlbündnisse auf die Beine zu stellen. Für eine "progressive Allianz" aller Oppositionsparteien sprachen sich die britischen Grünen aus - bisher freilich ohne viel Resonanz.